„Entscheidung am Rücken – wann konservative Therapie reicht und wann Chirurgie hilft“ Gast: Dr. Bernhard Greiner
Shownotes
🎙️ Entscheidung am Rücken – wann Therapie reicht und wann Chirurgie hilft
Gast: Dr. med. Dr. h.c. Bernhard Greiner
Therapie oder OP? Diese Frage stellt sich täglich in der modernen Wirbelsäulenmedizin – und wir stellen sie einem, der sie wie kaum ein anderer beantworten kann:
Dr. Bernhard Greiner, Orthopäde, Kodierungsexperte und Mitgründer der ESEG – https://www.wsza.de/
In dieser Folge von Zwischen Visite & Vision – Medizin im Gespräch sprechen wir über:
✅ konservative vs. operative Therapieoptionen
✅ wann Rückenschmerzen nur Geduld brauchen – und wann den Skalpell
✅ wie moderne Wirbelsäulenmedizin heute funktioniert
✅ was Kodierung und Qualität miteinander zu tun haben
✅ persönliche Erfahrungen aus Klinik, Praxis und OP
🎧 Reinhören lohnt sich für alle, die wissen wollen: – wann Rückenschmerzen gefährlich werden, – worauf man beim Arztbesuch achten sollte, – und wie ein echter Wirbelsäulenexperte seine Entscheidungen trifft.
🩺 Dr. Greiner im Porträt:
Facharzt für Orthopädie
jahrzehntelange Erfahrung in Klinik und Praxis
regelmäßiger OP-Einsatz am Krankenhaus Tutzing
Praxis: Wirbelsäulen- & Gelenkzentrum Ammersee (https://www.wsza.de/)
Mitgründer der ESEG – Endoscopic Spine Expert Group
Ehrendoktor für sein Engagement in der Medizin
📌 Podcast-Moderation: Mr. F – Zwischen Visite & Vision
📩 Kontakt: kontakt@zwischenvisiteundvision.com
Transkript anzeigen
00:00:03: Speaker0: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Zwischen Visite und Vision,
00:00:09: Speaker0: Medizin im Gespräch mit Dr. T und Mr. F.
00:00:19: Speaker1: Zwischen Wirbeln, Wahrheit, Passagefurt. Heute wird es beweglich.
00:00:23: Speaker1: Willkommen zu einer neuen Folge von Zwischen Visite und Vision,
00:00:27: Speaker1: Medizin im Gespräch. Und heute haben wir einen Gast, der das Rückgrat nicht
00:00:31: Speaker1: nur versteht, sondern auch modern behandelt.
00:00:34: Speaker1: Mit Skalpell, Sachverstand und einer sehr klaren Haltung.
00:00:38: Speaker1: Dr. Me, Dr. H.C. Bernhard Greimer, Orthopäde, Wirbelsäulenspezialist,
00:00:43: Speaker1: Kodierungsexperte und ganz offiziell Ehrendokter.
00:00:47: Speaker1: Nicht für lange Geduld im Wartezimmer, sondern für jahrzehntelanges Arrangement
00:00:51: Speaker1: in Klinik, Praxis und Weiterentwicklung der modernen Wirbelsäulenmedizin.
00:00:55: Speaker1: Studium in München, operative Stationen unter anderem in Murnau,
00:01:00: Speaker1: Würzburg, Vogtereuth, Markgröningen.
00:01:02: Speaker1: Heute tätig im Wirbelsäulen- und Gelenkzentrum Ammersee in Diesen.
00:01:06: Speaker1: Mit regelmäßigem OP-Einsatz am Krankenhaus Tuzing.
00:01:10: Speaker1: Und als Mitgründer der ESSEC, der Endoscopic Spine Expert Group,
00:01:14: Speaker1: hat er die endoskopische Wirbelsäulenschirurgie in Europa mit aufgebaut, als einer der ersten.
00:01:20: Speaker1: Was viele nicht wissen, er ist auch Familienmensch, verheiratet,
00:01:23: Speaker1: zwei Kinder, Immer wieder Chauffeur, Frühstücksplaner und wahrscheinlich der
00:01:27: Speaker1: Einzige, der aufgrund seiner Codierungsfähigkeit im Haus den richtigen Code
00:01:33: Speaker1: für die Fernbedienung kennt.
00:01:35: Speaker1: Und wenn noch Zeit bleibt, dann rudert er auf dem Amazon, präzise wie Mopel.
00:01:41: Speaker1: Rücken gerade Mikrofon an, hier ist der Dr. Bernhard Greiner und das ist Zwischenvisite und Vision.
00:01:49: Speaker0: Freut mich hier zu sein.
00:01:50: Speaker1: Hallo Bernhard, es freut mich wirklich außerordentlich, dich heute zu unserer
00:01:57: Speaker1: Podcast-Folge begrüßen zu dürfen.
00:02:00: Speaker1: Bernhard, du bist seit Jahren Wirbelsäulenspezialist und in dem Bereich im Großraum
00:02:06: Speaker1: Bayern bekannt für eine exzellente Arbeit,
00:02:10: Speaker1: vor allem für ein starkes menschliches Kennenlernen der anatomischen Strukturen,
00:02:16: Speaker1: der Therapieformen und vor allem der Erklärung.
00:02:20: Speaker1: Jetzt ist natürlich mal ganz entscheidend am Anfang die Frage,
00:02:23: Speaker1: was hat dich persönlich zur Wirbelsäulenmedizin geführt?
00:02:28: Speaker0: Ja, lieber Florian, wie du dir vorstellen kannst, wenn man so Abitur macht in
00:02:32: Speaker0: Bayern, dann steht einem die Welt offen und die Verwirrung ist groß.
00:02:36: Speaker0: So war es auch bei mir. Es stand im Raum, gehe ich irgendwie Biologie studieren,
00:02:42: Speaker0: gehe ich in die Wirtschaft, was mache ich?
00:02:45: Speaker0: Letztendlich bin ich Bankkaufmann geworden bei der Bayerischen Landesbank in München.
00:02:51: Speaker0: Das ist damals noch kollidiert mit dem Wehrdienst. Da habe ich Kriegsdienstverweigerer
00:02:57: Speaker0: gemacht schon, weil das mit meinen inneren Werten nicht so übereinstimmt und
00:03:02: Speaker0: musste einen Ersatzdienst machen sechs Jahre lang.
00:03:06: Speaker0: Und da kam mir meine Tätigkeit schon beim Jugendrotkreuz, bei der Wasserwacht
00:03:10: Speaker0: und später dann beim Rettungsdienst zugute.
00:03:13: Speaker0: Das heißt, ich war wahrscheinlich der schlechteste Bankkaufmann in der Landesbank
00:03:17: Speaker0: in München, Aber mit der motivierteste Betriebssanität, da war beim betriebsmedizinischen
00:03:23: Speaker0: Dienstsohn, Helfer, hab die ersten Blutentnahmung gemacht.
00:03:25: Speaker0: Wir waren in Saarbrücken-Winterberg-Klinik für betriebsmedizinische Fortbildungen.
00:03:30: Speaker0: Da war ich viel besser als nachher in meiner Abschlussprüfung für den Bankkaufmann.
00:03:35: Speaker0: Und so ist es dann auch weitergegangen. Bankkaufmann wollte ich nicht werden,
00:03:39: Speaker0: habe die Lehre verkürzt, habe mich für die Banken IT interessiert,
00:03:42: Speaker0: wollte dann eigentlich Informatik studieren, nur sich mit dieser trockenen Thematik
00:03:48: Speaker0: in meinen Augen zu befassen und nebenher immer mit Menschen zu tun zu haben,
00:03:54: Speaker0: denen man helfen kann, die Probleme haben.
00:03:56: Speaker0: Auch im privaten Umfeld konnte ich helfen.
00:03:58: Speaker0: Das hat mich dann zur Medizin gebracht, habe ich Medizin studiert,
00:04:03: Speaker0: wollte erst mal großer Chirurg werden.
00:04:06: Speaker0: Bin in die Viszeralchirurgie, also Bauch- und Organchirurgie gegangen,
00:04:11: Speaker0: wollte so ein zweiter Sauerbruch sein, habe dann nach dem ersten Jahr in der
00:04:14: Speaker0: Chirurgieausbildung im Zentralklinikum Augsburg, war das noch,
00:04:19: Speaker0: gemerkt, ui, das ist schon ein hartes Brot.
00:04:22: Speaker0: Sehr kranke Leute, viel Krebspatienten, Organtransplantation,
00:04:27: Speaker0: das muss man wirklich packen.
00:04:30: Speaker0: Da habe ich gemerkt, okay, vielleicht bin ich etwas zu zart beseitet und habe
00:04:36: Speaker0: immer mit einem Auge auf die Orthopäden geschielt.
00:04:39: Speaker0: Und zur damaligen Zeit war es gut möglich, nach einem Jahr Weiterbildung im
00:04:44: Speaker0: chirurgischen Fach dann in die Orthopädie zu wechseln. Und das war mein großes, großes Glück.
00:04:50: Speaker0: Ich habe dann auch sogar das Bundesland gewechselt. Ich war zeitlang in der
00:04:54: Speaker0: Diaspora in Baden-Württemberg, habe da meinen Facharzt auch gemacht und mein
00:05:00: Speaker0: damaliger Chef, südlich von Würzburg gelegen, in Bad Mergentheim.
00:05:05: Speaker0: Der hat jeden seiner Assistenten irgendwie gefördert.
00:05:09: Speaker0: Der eine war für Kinder speziell da, der eine für die Gelenke speziell da.
00:05:14: Speaker0: Und was immer so ein Angstthema war, Egal, in der Notaufnahme,
00:05:18: Speaker0: wenn man Rettungsdienst fährt, ist es Wirbelsäulenverletzung.
00:05:21: Speaker0: Da sind eben Nerven mit drin, da ist Rückenmark mit dabei. Man muss auch verstehen,
00:05:26: Speaker0: wann ist Rückenschmerz gefährlich, wann nicht.
00:05:28: Speaker0: Rückenschmerz, Nackenschmerz, es geht in die Beine rein, in die Arme.
00:05:32: Speaker0: Wann ist das gefährlich, was tut man, wie schnell muss man sein?
00:05:35: Speaker0: Das hat mich sehr interessiert.
00:05:37: Speaker0: Ich habe mich einfach wissenschaftlich dann schon fortgebildet,
00:05:41: Speaker0: belesen, Kurse besucht.
00:05:42: Speaker0: Und so wurde ich von dem gefördert explizit, dass ich immer in die Neurochirurgie
00:05:49: Speaker0: nach Würzburg rotieren durfte,
00:05:51: Speaker0: obwohl ich meinen Gehalt ja von Baden-Märken-Teil bekommen habe und habe schon
00:05:55: Speaker0: die ersten Wirbelsäulen-Operationen gesehen und mitmachen dürfen,
00:05:59: Speaker0: den Rückenmarkkanal erweitern bei so Engstellungen und bin dann zurückgekommen eben dann.
00:06:07: Speaker0: An meine Klinik und konnte da auch erste einfache Wirbelsäulenoperationen durchführen.
00:06:14: Speaker0: Damals waren das so Spreizer, die man zwischen die Wirbelfortsätze geklemmt
00:06:21: Speaker0: hat, um verschiedene Strukturen zu entlasten, abzupuffern.
00:06:25: Speaker0: Heute weiß man, das ist von der Biomechanik her nicht optimal.
00:06:30: Speaker0: Die Idee dahinter am Anfang war gut, die Effekte erstmal auch.
00:06:34: Speaker0: Ich glaube mittlerweile sind diese Implantate so, dass sie keiner mehr verwendet so gerne.
00:06:39: Speaker0: Aber das waren meine ersten Schritte und wie dann die Ausbildung und Phase in
00:06:45: Speaker0: der kleinen Klinik vorbei war, hat mein Chef mich weiterempfohlen,
00:06:50: Speaker0: ein großes Wirbelsäulenzentrum.
00:06:53: Speaker0: Das liegt zwischen Ludwigsburg und Stuttgart, das ist Maggröningen.
00:06:57: Speaker0: Da gab es ein Querschnittverletztenzentrum für Querschnittgelähmte.
00:07:01: Speaker0: Die erste Rehabilitation, direkt nach der Lähmung war ich beteiligt dann.
00:07:06: Speaker0: Und eben auch die chirurgischen Eingriffe von Halswirbelsäule bis runter zum
00:07:11: Speaker0: Becken wurde dort alles durchgeführt und konnte ich da lernen.
00:07:14: Speaker0: Und das war mein großer Einstieg. Das hat mich umgeworfen, was ich da alles gesehen habe.
00:07:21: Speaker0: Und was mich aber bis heute prägt, ist die Tätigkeit mit den Querschnittgelähmten.
00:07:28: Speaker0: Wenn man das menschliche Schicksal sieht, auch was drumherum ist,
00:07:32: Speaker0: wie es der Familie geht, wenn der Familienvater plötzlich vom starken Mann in
00:07:37: Speaker0: der Familie zum Pflegefall wird.
00:07:40: Speaker0: Wenn Beziehungen auseinandergehen, sich aber auch vielleicht eine neue Beziehung
00:07:44: Speaker0: ergibt mit jemandem, der wirklich dein Freund ist oder deine Freundin ist.
00:07:50: Speaker0: Weil es braucht schon sehr viel Menschlichkeit, um für Leute dann da zu sein,
00:07:56: Speaker0: die ein Problem haben, das man ein Leben lang begleiten muss.
00:08:01: Speaker0: Und die Wirbelsäule steckt in uns allen drin, die Wirbelsäule verändert sich,
00:08:06: Speaker0: das ist in den letzten Jahren auch umso mehr untersucht worden,
00:08:10: Speaker0: die Alterserscheinungen an der Wirbelsäule, unsere Lebensumstände verändern sich.
00:08:16: Speaker2: Die Leute werden älter,
00:08:17: Speaker0: Die Leute werden aktiver, machen mehr Risikosportarten. Wir fahren jetzt mit
00:08:21: Speaker0: schweren E-Bikes oder Scootern durch die Gegend.
00:08:24: Speaker0: Dementsprechend verändern sich auch Unfallmechanismen bei Leuten,
00:08:29: Speaker0: die sonst nicht mit dem Mountainbike vom Berg runtergefallen wären.
00:08:33: Speaker0: Die fallen halt jetzt schon und haben entsprechende Verletzungen.
00:08:37: Speaker0: Und das muss alles begleitet und auch ärztlich verstanden werden und so behandelt
00:08:42: Speaker0: werden, dass nicht nur ein Röntgenbild gut ausschaut, sondern eben der Mensch
00:08:46: Speaker0: und sein Umfeld nachher auch.
00:08:48: Speaker1: Wahnsinn, Bernhard, beeindruckend, wie viele Stationen du in deinem Werdegang
00:08:57: Speaker1: zum Wirbelsäulenmediziner genommen hast,
00:09:01: Speaker1: was ich jetzt überhaupt nicht irgendwie negativ darstellen möchte,
00:09:04: Speaker1: sondern das ist tatsächlich...
00:09:08: Speaker1: Beeindruckend, weil du sehr viele verschiedene Arten und alleine in deinem Werdegang sieht man das ja,
00:09:16: Speaker1: dass du die verschiedenen Bereiche, also von
00:09:19: Speaker1: Notarzteinsatz bis zum Querschnittsgelähmten und natürlich auch den normalen
00:09:28: Speaker1: Bandschreibenvorfall aber auch gesehen hast oder lernen durftest und so deine
00:09:34: Speaker1: Liebe wohl zur Wirbelsäule gefunden hast.
00:09:39: Speaker1: Und wirklich finde ich sehr beeindruckend, vor allem diese vielen Stationen,
00:09:47: Speaker1: die du da einfach auch miterleben konntest, durftest, die dich da auf dem Weg begleitet haben.
00:09:54: Speaker1: Wie ist es jetzt für dich, jetzt
00:09:56: Speaker1: bist du seit mehr als 20 Jahren in der Wirbelsäule oder in der Medizin.
00:10:02: Speaker1: Wie hat sich für dich die Wirbelsäulenmedizin in den letzten 20 Jahren verändert?
00:10:06: Speaker0: Die Medizin ist wesentlich technikbezogener geworden.
00:10:13: Speaker0: Es ist natürlich so, dass die Technik ermöglicht, Behandlungen anzubieten mit
00:10:19: Speaker0: einem ganz anderen Ergebnis, als es am Anfang war.
00:10:22: Speaker0: Also der Weg vom großer Schnitt, großer Chirurg bis hin zu jetzt großer Chirurg-Mini-Schnitt,
00:10:31: Speaker0: 5 mm und was man dadurch alles machen kann, ist natürlich beeindruckend.
00:10:37: Speaker0: Somit eröffnet es auch ganz neue Behandlungspfade und auch Chancen für die Patienten.
00:10:44: Speaker0: Darum ist es auch wichtig, nicht nur an einer Station, du hast angesprochen,
00:10:49: Speaker0: wo ich überall gewesen bin, nicht nur an einer Station zu bleiben.
00:10:53: Speaker0: Man kriegt sonst so ein Scheuklappendenken.
00:10:56: Speaker0: Verschiedene große Zentren sind spezialisiert auf verschiedene Techniken.
00:11:00: Speaker0: Aber nicht jeder macht alles mit der gleichen Expertise.
00:11:04: Speaker0: Und es kommt immer auf den Arzt an, möglichst viel mit den Augen zu stehlen.
00:11:09: Speaker0: So wie früher die Zimmerer irgendwie auf die Walz gegangen sind,
00:11:14: Speaker0: so sollte das ein Arzt auch machen und möglichst viel mitnehmen von diesen Techniken,
00:11:19: Speaker0: die er dann anbieten kann.
00:11:21: Speaker0: Also die Wirbelsäulenmedizin ist von der Patientenstruktur anders geworden.
00:11:26: Speaker0: Die Leute werden älter, die Leute werden kränker, die Leute machen mehr Risikosportarten,
00:11:33: Speaker0: Risikoberufe werden durchgeführt mehr.
00:11:40: Speaker0: Es gibt jetzt auch wieder Stichwort Soldaten, Militär, Unfälle da, Verletzte.
00:11:45: Speaker0: Es gibt die großen Flüchtlingsbewegungen, wo wir mittlerweile Patienten sehen,
00:11:52: Speaker0: das hat man in Deutschland nicht mehr gesehen, Tuberkulose-Fälle zum Beispiel.
00:11:56: Speaker0: Das war mit ein Thema, worüber ich den ersten Ehrendoktortitel in der Ukraine
00:12:01: Speaker0: im Sytenko-Wirbelsäulen-Institut in Charkiv bekommen habe.
00:12:04: Speaker0: Da geht es darum, dass ich mich viel mit Tuberkulose und der Behandlung von
00:12:08: Speaker0: Tuberkulosebefall an der Wirbelsäule, das ist Knochenkaries, kann man sagen.
00:12:15: Speaker0: Befasst habe und mit den Fällen, die ich aus Mark Gröningen mitgebracht habe,
00:12:19: Speaker0: mal 20 Fälle hier, mal 10 Fälle da, wie die operiert wurden,
00:12:24: Speaker0: hat man in der Ukraine gelacht, die haben 200 Fälle hier und 300 Fälle da,
00:12:29: Speaker0: nur die Technik stand nicht zur Verfügung, so etwas zu operieren.
00:12:33: Speaker0: Und jetzt, wie man solche Leute operieren kann mit solchen Erkrankungsfeldern,
00:12:37: Speaker0: dass die nachher wieder arbeiten können, leben können, das bringt die moderne
00:12:43: Speaker0: Medizin. Dadurch steigen die Kosten.
00:12:46: Speaker0: Sieht man jetzt auch, die Krankenkassenbeiträge steigen und ein wesentlicher
00:12:52: Speaker0: Faktor, ob Krankenhäuser oder Staatssysteme, wie auch immer Medizin anbieten,
00:12:57: Speaker0: ist die Finanzierbarkeit.
00:12:58: Speaker0: Die teuerste, beste Medizin soll nicht nur den reichen Menschen vorenthalten bleiben.
00:13:05: Speaker0: Und da ist eben auch wichtig, dass man sowas in die Masse bringt,
00:13:09: Speaker0: dass man merkt, was kann man etablieren.
00:13:11: Speaker0: Viele Ärzte bieten das an. Wenn viele Leute eine neue Technik anbieten,
00:13:15: Speaker0: flächendeckend, und man bildet diese Ärzte aus, sehr gerne, dann wird die Technik
00:13:19: Speaker0: billiger, je öfter sie eingesetzt wird.
00:13:22: Speaker1: Bernhard, jetzt hast du ja gesagt, in der Wirbelsäulenmedizin ist der technische
00:13:28: Speaker1: Vorsprung in den letzten 20 Jahren sehr stark noch, oder hat sich erweitert.
00:13:35: Speaker1: Wir beschäftigen uns ja unter anderem in dem Podcast zwischen Visite und Vision
00:13:39: Speaker1: mit den menschlichen Bereichen.
00:13:42: Speaker1: Hast du das Gefühl, dass sich auch in den letzten 20 Jahren der Mensch-Arzt
00:13:49: Speaker1: mit der Technik verändert hat im Umgang mit Patienten?
00:13:56: Speaker0: Ich denke, eigentlich hat der Arzt sich nicht so sehr verändert,
00:14:02: Speaker0: als dass er in Systemen, in die er eingezwängt ist,
00:14:08: Speaker0: der hineingedrückt wird und manchmal frustriert da drinnen ist.
00:14:11: Speaker0: Man kommt von der Uni und hat ein großes soziales Engagement.
00:14:16: Speaker0: Man will helfen, man will was tun, darum hat man diesen Beruf gewählt,
00:14:20: Speaker0: darum macht man nochmal zehn Jahre Weiterbildung drauf, nochmal jahrelang Spezialisierung drauf.
00:14:27: Speaker0: Andere Leute gehen da mit der Familie in Urlaub oder kümmern sich um die Kinder
00:14:31: Speaker0: daheim und man selber lässt eben den Kindern ein Foto zukommen.
00:14:36: Speaker0: Bei mir war es so, dass mein Ältester, der hat am Anfang zum Telefon Papa gesagt.
00:14:41: Speaker2: Aber ich habe halt angerufen aus der Klinik,
00:14:43: Speaker0: Wenn der ins Bett geht und das muss man schon wollen.
00:14:46: Speaker0: Das heißt, der Arzt ist vielleicht in solchen Systemen eher frustriert.
00:14:51: Speaker0: Man muss aufpassen, nicht zum reinen Chirurgen zu werden,
00:14:55: Speaker0: dass man nicht ein Medizintechniker wird und das jetzt ich in meiner eigenen Praxis handhabe das so,
00:15:03: Speaker0: dass ich den Leuten immer genau erkläre, was ist technisch möglich,
00:15:08: Speaker0: aber was würde ich medizinisch, ärztlich empfehlen.
00:15:13: Speaker0: Das ist oft ein Unterschied.
00:15:14: Speaker1: Das ist auf jeden Fall ein Riesenunterschied und wir werden ja da im Laufe der
00:15:19: Speaker1: Folge noch ein bisschen detaillierter auch darauf eingehen, wie du den Therapieplan
00:15:24: Speaker1: erstellst, wie du vorgehst in dem gesamten Bereich.
00:15:28: Speaker1: Jetzt haben wir ja schon viel von dir kennengelernt.
00:15:32: Speaker1: Bevor wir in den nächsten Punkt Therapie und Chirurgie reingehen,
00:15:36: Speaker1: wollen wir die Zuhörer mitnehmen.
00:15:39: Speaker1: Wir wollen sie auf dem Stand mitnehmen über die Worte, die wir jetzt dann immer
00:15:48: Speaker1: wieder verwenden werden, die sie jetzt immer wieder hören würden.
00:15:51: Speaker1: Und eben auch mal abholen, wie die anatomischen Strukturen sind und die Vorstellung,
00:15:58: Speaker1: was ist die Wirbelsäule überhaupt oder von was reden wir eigentlich immer.
00:16:04: Speaker1: Von der Grundstruktur der Wirbelsäule hat jeder Mensch zwischen 33 bis 34 Wirbel.
00:16:10: Speaker1: Davon sind 24 bewegliche dabei.
00:16:14: Speaker1: Man unterteilt das Ganze im Endeffekt in fünf große Bereiche.
00:16:18: Speaker1: Wir haben die Halswirbelsäule, die aus sieben Wirbel bestehen.
00:16:24: Speaker1: Wir haben die Brustwirbelsäule, die aus zwölf Wirbel bestehen.
00:16:28: Speaker1: Die Lendenwirbelsäule mit fünf Wirbel. Dann spricht man immer von einem Kreuzbein.
00:16:33: Speaker1: Das auch sehr oft in Kombination mit dem Steißbein genannt wird,
00:16:38: Speaker1: was aber tatsächlich in der Medizin zwei verschiedene Bereiche sind.
00:16:42: Speaker1: Das Kreuzbein besteht aus fünf miteinander verschmolzenen Wirbel und das Steißbein
00:16:48: Speaker1: ist vier bis fünf rudimentär ebenfalls verschmolzene Wirbel.
00:16:55: Speaker1: Also wenn wir über Beschwerden im Rücken sprechen, meinen wir meistens die LWS,
00:17:01: Speaker1: aber auch das Kreuz-Iliosakral-Gelenk könnte daran beteiligt sein.
00:17:06: Speaker1: Das ist so dieser gängige Umgang der Sprache, die, glaube ich, jeder kennt.
00:17:14: Speaker1: Gehen wir jetzt mal in den Punkt der Bandscheibe rein. Wir haben insgesamt 24
00:17:19: Speaker1: beweglich Wirbel und 23 Bandscheiben sitzen da dazwischen.
00:17:25: Speaker1: Also man muss sich das immer vorstellen.
00:17:29: Speaker1: Wie ein Zementklotz, der dann zwischen zwei Ziegelschleinen sitzt,
00:17:38: Speaker1: damit man sich ungefähr erstmal so eine Struktur vorstellen kann.
00:17:44: Speaker1: Wie ist jetzt so eine Bandscheibe aufgebaut? Und das ist, was mir vor allem
00:17:49: Speaker1: auffällt im Gespräch mit Patienten,
00:17:52: Speaker1: mit Freunden, mit Bekannten, Verwandten, dass alleine schon von der Grundstruktur,
00:17:57: Speaker1: wie sieht denn die Bandscheibe überhaupt aus oder wie ist sie überhaupt,
00:18:00: Speaker1: alleine da schon dieses Verständnis fehlt, wie die anatomische Struktur ist.
00:18:06: Speaker1: Und wenn man es dann erklärt hat, ist es dann einfach leichter zu verstehen.
00:18:11: Speaker1: Also man muss sich die Bandscheibe so vorstellen. Außen hat man einen Faserring,
00:18:16: Speaker1: der ist fest, stabil und schützt.
00:18:19: Speaker1: Innen hat man einen gelehrtartigen Kern, der ist elastisch, wasserreich und druckaufnehmend.
00:18:27: Speaker1: Ein gesunder, junger Mensch hat ungefähr 80% Wasser in der Bandscheibe.
00:18:36: Speaker1: Bei Bewegungen verliert die Bandscheibe an Flüssigkeit.
00:18:42: Speaker1: In Ruhe kriegt sie wieder die Flüssigkeit zurück oder holt sich sie wieder.
00:18:48: Speaker1: Die Bandscheibe hat primär die Funktion,
00:18:53: Speaker1: dass sie aus Stoßdämmen verdient, Er ermöglicht die Beweglichkeit zwischen dem
00:18:57: Speaker1: Wirbel und sie schützt das Rückenmark und die austretenden Nerven vor starken Belastungen.
00:19:06: Speaker1: Wenn man sich diese Bandscheibe per se mal anschaut und eine Vorstellung haben
00:19:13: Speaker1: möchte, wie so eine Bandscheibe aussieht von der Struktur,
00:19:19: Speaker1: dann kann man sich das ungefähr so vorstellen wie so ein Donut,
00:19:21: Speaker1: der außen hart ist und innen sehr, sehr weich.
00:19:25: Speaker1: Oder auch anders gesagt, wie wenn man einen gefüllten Wasserluftballon in einen
00:19:32: Speaker1: Gurt reinklemmen würde, dann würde der Gurt von außen den Halt geben,
00:19:37: Speaker1: aber innen drin die Bewegung durch diese Flüssigkeit einfach da sein.
00:19:43: Speaker1: Jetzt gehen wir mal ein bisschen in die kleinen Strukturen mit rein.
00:19:46: Speaker1: Wir haben in der Halswirbelsäule die Möglichkeit, den Kopf um 90 Grad zur Seite
00:19:52: Speaker1: und mit 60 Grad nach vorne und hinten zu bewegen.
00:19:56: Speaker1: In der Brustwirbelsäule, da haben wir relativ wenig Bewegung da.
00:20:00: Speaker1: Da haben wir zwar diese Bewegung mit dem Umdrehen, die vorhanden ist,
00:20:04: Speaker1: aber tatsächlich relativ wenig Bewegung, weil ja einfach die Rippen da sind.
00:20:08: Speaker1: Jetzt kommen wir zur Lendenwirbelsäule.
00:20:11: Speaker1: Hier passiert eigentlich das meiste. Das Bücken, das Strecken, das Aufrichten.
00:20:16: Speaker1: Die Bandscheibe dort ermöglicht dir im Endeffekt eine Bewegung circa zwischen
00:20:21: Speaker1: 70 und 90 Grad nach vorne durchzubeugen und natürlich auch nach hinten lehnen
00:20:28: Speaker1: und in die Seitenneigung ist auch möglich.
00:20:31: Speaker1: Also für alle, die sich das so ein bisschen vorstellen möchten,
00:20:35: Speaker1: wenn ich morgens meine Schuhe anziehe oder die Spülmaschine einräume,
00:20:39: Speaker1: dann ist das das Team Lendenwirbelsäule. plus die Beweglichkeit der Bandscheiben.
00:20:44: Speaker1: Insgesamt haben wir 21 paarige Spinalnerven.
00:20:48: Speaker1: Das bedeutet, dass wir insgesamt 62 Nerven haben, die aus den verschiedenen
00:20:53: Speaker1: Wirbelgelenken austreten.
00:20:55: Speaker1: Die haben verschiedene Funktionen.
00:20:58: Speaker1: Jeder Wirbelbereich hat einen eigenen Nervenfensterkanal, die durch kleine Lücken austreten.
00:21:07: Speaker1: Und so ein Nerv versorgt Organe, Muskeln, Haut. Je nach Ausdrittsort ist es unterschiedlich.
00:21:13: Speaker1: Jetzt ist aber für viele auch mal vielleicht interessant zu wissen,
00:21:16: Speaker1: die Nerven haben natürlich auch eine spezielle Aufgabe bei der Versorgung der Organe.
00:21:24: Speaker1: Also zum Beispiel in der Halswirbelsäule versorgen die Organe im Bereich der
00:21:31: Speaker1: Atemwege, der Schilddrüse, Schulter, Arme, Zwerchfeld und so weiter.
00:21:37: Speaker1: Brustwirbelsäule ist tatsächlich das Herz betroffen. Die Lunge,
00:21:40: Speaker1: Magen, Leber, Gallenblase.
00:21:42: Speaker1: Und dann haben wir noch in der Lendenwirbelsäule, das hat jeder bestimmt schon
00:21:46: Speaker1: mal gehört, die Blase, Genitalorgane, Beine, Füße, Verdauung,
00:21:51: Speaker1: vor allem im unteren Bereich.
00:21:53: Speaker1: Und jetzt ganz interessant auch die Kreuzbeinbereiche, also diesen sakralen Bereich.
00:21:59: Speaker1: Da haben wir tatsächlich alle Organe, die im Beckenorganbereich liegen,
00:22:04: Speaker1: die auch für die Sexualfunktion und unteren Extremitäten zuständig sind.
00:22:10: Speaker1: Zusammengefasst kann man so ungefähr sagen, das Rückenmark gegenüber der Wirbelsäule.
00:22:16: Speaker1: Die Wirbelsäule ist die knöcherne Struktur. Es ist im Endeffekt der feste Halt.
00:22:24: Speaker1: Und das Rückenmark ist ein Teil des zentralen Nervensystems und liegt im Wirbelkanal.
00:22:30: Speaker1: Also der wird praktisch geschützt von der Wirbelsäule.
00:22:34: Speaker1: Jetzt werden wir wahrscheinlich dann im Laufe der Folge auch noch auf das Wort
00:22:38: Speaker1: Spinalkanalstenose kommen.
00:22:40: Speaker1: Das ist praktisch eine knöcherne Verengung im Rückenmark.
00:22:44: Speaker1: Das kann man sich ungefähr so vorstellen, wie wenn Sie beim Auto in den Tunnel reinfahren.
00:22:50: Speaker1: Jetzt ist da aber plötzlich eine Baustelle auf einer zweispürigen Bahn.
00:22:55: Speaker1: Und genau das ist diese knöcherne Stenose.
00:22:57: Speaker1: Plötzlich läuft alles viel langsamer und kommt auch viel langsamer unten an.
00:23:02: Speaker1: Und wenn es ganz schlecht läuft, dann staut sich das halt komplett.
00:23:05: Speaker1: Und das ist eben diese Spinalkanalschrinose.
00:23:09: Speaker1: Jetzt springen wir rüber in das eigentliche Thema.
00:23:13: Speaker1: Wir hoffen, dass sie ein bisschen abgeholt worden sind, was die anatomischen Strukturen angeht.
00:23:18: Speaker1: Wir kommen jetzt zu dem Punkt, die zwischen der Therapie und der Chirurgie liegen.
00:23:23: Speaker1: Bernhard, welche Kriterien sind für dich entscheidend in dem Therapieplan,
00:23:31: Speaker1: in der Befundung des Patienten und der Entscheidung,
00:23:37: Speaker1: eine Therapie zu entwickeln, zu erstellen, zusammen mit dem Patienten?
00:23:43: Speaker1: Egal, ob jetzt der Patient bei dir als Neupatient mit bestehenden Befunden kommt
00:23:52: Speaker1: oder schon im kompletten akuten Beschwerdefall.
00:23:57: Speaker0: Ja, wichtig ist immer das Gespräch persönlich mit dem Patienten,
00:24:04: Speaker0: seine eigenen Ziele und Vorstellungen zu erfassen.
00:24:08: Speaker0: Man glaubt nicht, wie manche Leute erstens leidensfähig sind und gewisse Schmerzen
00:24:14: Speaker0: einfach wegstecken können,
00:24:16: Speaker0: aber ein anderer Schmerz, wenn man sagt, ich habe immer, immer diesen Rückenschmerz,
00:24:21: Speaker0: mit dem komme ich zurecht, aber der massive Beinschmerz, der muss weg. Das bringt mich um.
00:24:28: Speaker0: Und da bringt es nichts, einfach nur ein Röntgenbild und ein Kernspin anzuschauen,
00:24:32: Speaker0: die Fehler da zu suchen und zu sagen, okay,
00:24:36: Speaker0: dieses Bild hübsch mal auf, in dem da irgendwelche Implantate rein müssen,
00:24:39: Speaker0: sondern dann kann man eine zielgerichtete,
00:24:43: Speaker0: möglichst kleine und für den Patienten sehr zufriedenstellende,
00:24:48: Speaker0: optimale Lösung finden, ist für jeden aber anders sein.
00:24:52: Speaker0: Manche Leute sind selbstständig, müssen schnell fit sein, schnell belastbare Wirbelsäulen haben.
00:24:58: Speaker0: Andere, die haben Zeit, die können in Reha-Maßnahmen gehen, Schmerztherapien durchführen.
00:25:03: Speaker0: Es muss ärztlich begleitet sein. Der Patient ist in so einer Phase ja immer hilflos.
00:25:11: Speaker0: Er braucht einen Anwalt für seine Gesundheit und sich. Und diese Funktion,
00:25:17: Speaker0: die sehe ich in mir, die sehe ich im Arzt.
00:25:19: Speaker0: Jemandem nicht eine Behandlung zu verkaufen, nur weil ich es gut kann.
00:25:23: Speaker0: Eine Behandlung zu verkaufen, die jetzt mal wieder sein muss.
00:25:27: Speaker0: Eine Behandlung zu verkaufen, weil damit entweder Geld gespart wird irgendwo,
00:25:32: Speaker0: dass man was Teures nicht macht.
00:25:33: Speaker0: Oder eine Behandlung zu machen, weil sie Geld bringt, sondern eine Behandlung
00:25:37: Speaker0: zu machen, die den Patienten weiterbringt. Also immer die eigenen Ziele.
00:25:41: Speaker0: Dann meine eigene oder die ärztliche Expertise gehört dazu, um zu sagen, wenn wir diesen,
00:25:48: Speaker0: nehmen wir das Beispiel Bandscheibenfahrfall, wenn wir diesen nicht operieren
00:25:52: Speaker0: und Sie haben schon einen lahmen Fuß,
00:25:57: Speaker0: dann wird das vielleicht so bleiben.
00:26:00: Speaker0: Jemand muss das akzeptieren, dann kann er sagen, okay, ich kriege die Großzehen
00:26:04: Speaker0: nicht mehr gewackelt, das ist mir egal.
00:26:08: Speaker0: Aber wenn man sagt, das kann Ihnen so bleiben, dann sagt jemand,
00:26:11: Speaker0: ach so, das hätte ich nicht geahnt.
00:26:14: Speaker0: Man macht mit einer Spritze Schmerzen weg, vielleicht geht eine Taubheit weg,
00:26:18: Speaker0: aber dass die Muskelschwäche bleibt, oh, das habe ich nicht geahnt.
00:26:21: Speaker0: Dann ist man plötzlich doch beim Operieren, obwohl ein anderer mit einer Spritze,
00:26:26: Speaker0: Krankengymnastik, mehreren Spritzen vielleicht und einer Reha-Maßnahme super aufgehoben ist.
00:26:32: Speaker0: Also sehr unterschiedliche Wege führen dann zu einem Ziel und das Ziel bestimmt
00:26:36: Speaker0: der Patient und der muss die Fachkompetenz des Arztes so weit übertragen kriegen. Er muss es verstehen.
00:26:46: Speaker2: Darum ist ein ganz zentraler Punkt die Aufklärung. Darum finde ich es auch gut,
00:26:50: Speaker0: Dass du vorher diese anatomischen Punkte gebracht hast, weil die Leute haben
00:26:54: Speaker0: von ihrer Wirbelsäule nicht viel Ahnung natürlich, es herrscht viel Aberglaube.
00:27:01: Speaker0: Und von daher ist eine erst einmal sachliche Aufklärung wichtig und auch die
00:27:08: Speaker0: Leute müssen die eigentliche Erkrankung, die sie haben, verstehen.
00:27:12: Speaker0: Bei einem 60-Jährigen wird man in einem Kernspinn einer Wirbelsäule,
00:27:17: Speaker0: eine 60 Jahre alte Wirbelsäule sehen.
00:27:19: Speaker0: Mit jeder trockenen Bandscheibe, jeder Arthrose, jeder Fehlstellung,
00:27:24: Speaker0: die man in seinen 60 Lebensjahren eingesammelt hat.
00:27:27: Speaker0: Man muss aber vielleicht nur an einer kleinen Stelle irgendeine Optimierung
00:27:33: Speaker0: vornehmen und schon ist der Mensch wieder funktionstüchtig in seinem Leben.
00:27:39: Speaker1: Bernhard, jetzt hast du ja schon sehr detailliert beschrieben,
00:27:43: Speaker1: du den Patienten abholst und wie du ihn versuchst, mit in den Therapieplan mit einzubringen.
00:27:53: Speaker1: Gibt es denn für dich einen Weg, auch für die Patienten, die zuhören,
00:28:02: Speaker1: den du empfehlst oder wie du vorgehst, in dem Bereich der Empfehlung zwischen
00:28:08: Speaker1: der OP und der konservativen Therapie?
00:28:11: Speaker0: Ja, die hauptsächliche klare Operationsempfehlung ist bei Ausfällen,
00:28:23: Speaker0: dann bleibenden Ausfällen von Nervenfunktionen.
00:28:28: Speaker0: Also man spricht da von einer dauerhaften Lähmung.
00:28:31: Speaker0: Auch hier ist eine Abschwächung ein Kraftverlust, ein etwas weniger an Kraft
00:28:38: Speaker0: bei aber noch erhaltener Restfunktion, schon eine Lähmung.
00:28:43: Speaker2: Eine Gangunsicherheit, Sturzgefahr.
00:28:46: Speaker0: Alte Leute können das nicht brauchen, dass sie wackelig sind.
00:28:51: Speaker2: Da würde man eher zur Operation tendieren,
00:28:54: Speaker0: Wenn so etwas ist.
00:28:56: Speaker2: Von daher ist die, wenn man das bei sich selber bemerkt,
00:29:00: Speaker0: Ich habe ein Problem, Schmerz, so hört es sich erst einmal ein bisschen sarkastisch
00:29:04: Speaker0: an, Schmerz ist kein Problem.
00:29:07: Speaker0: Die Gefühlsstörung, Taubheit, wenn man nicht weiß, habe ich den Fuß auf dem
00:29:11: Speaker0: Boden oder nicht, bin ich mit der Hand an meiner Tasse dran oder nicht oder
00:29:15: Speaker0: werfe ich die Tasse um, weil ich sie nicht mehr greifen kann oder habe ich zu
00:29:19: Speaker0: wenig Kraft in der Hand, im Arm, im Bein.
00:29:23: Speaker2: Wie weit kann ich noch gehen,
00:29:24: Speaker0: Kann ich die Treppe hochgehen, ja oder nein. Wenn diese Geschichten schwer werden und ausfallen.
00:29:31: Speaker2: Dann gehört man möglichst auch Nell
00:29:34: Speaker0: In ein versiertes Zentrum mit auch möglichst Nell, den nötigen Befunden.
00:29:40: Speaker0: Da spreche ich nicht nur vom Röntgenbild, sondern Kernspinn.
00:29:43: Speaker0: Und aus eigener leidvoller Erfahrung in der niedergelassenen Medizin weiß ich,
00:29:49: Speaker0: wie lange es dauert, bis jemand ein Kernspin bekommt.
00:29:52: Speaker0: Da muss der Arzt sich dahinter klemmen.
00:29:55: Speaker2: Man kriegt es nicht bezahlt.
00:29:57: Speaker0: Jeder kennt beim Arztbesuch diese 5-Minuten-Medizin und jeder weiß,
00:30:01: Speaker0: dass man beim Radiologen eine halbe Stunde in der Hotline hängt.
00:30:04: Speaker0: Dann wissen Sie, was ein Arzt investiert, wenn er versucht, für einen Patienten,
00:30:10: Speaker0: und ich sehe 40, 50 solche Fälle am Tag, wenn er versucht, für solche Fälle
00:30:15: Speaker0: einen Kernspin zu organisieren.
00:30:17: Speaker0: Da braucht es Netzwerkstrukturen und andere Ärzte, die es auch verstanden haben.
00:30:22: Speaker1: Jetzt haben wir da schon rausgehört, dass gerade auch der Bereich der interdisziplinären
00:30:27: Speaker1: Kommunikation wichtig ist.
00:30:31: Speaker1: Lass uns aber kurz noch bei dem Thema bleiben, weil wir kommen darauf später auch nochmal zurück.
00:30:37: Speaker1: Zusammengefasst würde ich jetzt sagen, anhand dem, das du erklärt hast,
00:30:44: Speaker1: Diagnose, Patient, Alter, Therapie ist unterschiedlich. Sie ist immer individuell.
00:30:51: Speaker0: Immer individuell, immer individuell. Was ich den Patienten jetzt auf.
00:30:56: Speaker2: Diesem Wege vielleicht
00:30:57: Speaker0: Abseits vom Thema gern mitgeben will, ist die Wirbelsäule steckt ja in einem Menschen drin.
00:31:02: Speaker0: Betrachten Sie die Wirbelsäule nicht als abgetrenntes Teil von sich,
00:31:08: Speaker0: sondern immer im Ganzen.
00:31:09: Speaker0: Denken Sie an Ihre Hüftgelenke, denken Sie an die Schultern,
00:31:12: Speaker0: denken Sie an Ihre Haltung, an den Alltag, den man hat, an den Stress.
00:31:18: Speaker0: Auch man muss ein Nervensystem wie das Sympathikus-Parasympathikus-System,
00:31:24: Speaker0: also diese Stressnerven, die dann im Ruhephase für Verdauung und sowas zuständig sind,
00:31:31: Speaker0: die muss man auch sich vergegenwärtigen, dass man das auch hat.
00:31:35: Speaker0: Die beeinflussen die Muskelgrundspannung, die typische Verspannung.
00:31:39: Speaker0: Ich als Orthopäde mag dieses Wort Verspannung am Muskel nicht.
00:31:43: Speaker0: Ein Muskel kann sich anspannen oder loslassen, aber nicht plötzlich verspannen.
00:31:48: Speaker0: Wenn man sagt, verspannen Sie Ihren Bizeps bitte, dann spannen alle den Bizeps an.
00:31:52: Speaker0: Das heißt, man hat irgendwo einen krankhaften Muskel.
00:31:55: Speaker2: Hartspann, der wehtut.
00:31:57: Speaker0: So Geschichten kann man vermeiden, indem man regelmäßig in seinem Alltag Ruhepausen einbaut.
00:32:04: Speaker0: Selber denkt, was stresst mich jeden Tag und selber kleine Inseln sich bildet
00:32:11: Speaker0: und der Körper ist ein Bewegungsapparat,
00:32:15: Speaker0: Bewegungsapparat heilt in Bewegung aus, gehen sie in Sport.
00:32:20: Speaker1: Bernhard, jetzt hast du ja gerade erzählt, dass du am Tag zwischen 14 und 50
00:32:25: Speaker1: Patienten siehst, die ja speziell, vor allem da du dich ja spezialisiert hast
00:32:31: Speaker1: auf die Wirbelsäulenmedizin,
00:32:33: Speaker1: mit einem gewissen Erwartungsdruck auf dich schon zukommen.
00:32:37: Speaker1: Alle wissen ja, der beste Freund des Patienten ist anscheinend Dr. Google.
00:32:43: Speaker1: Jetzt wenn ein Patient zu dir kommt und hat schon eigentlich für sich eine fixe Therapie im Kopf
00:32:53: Speaker1: Und wie gehst du vor, um ihm zum Beispiel auch eine OP abzuraten,
00:32:59: Speaker1: obwohl der Patient schon mit der kompletten Erwartung zu dir kommt,
00:33:02: Speaker1: dass er ja jetzt operiert werden möchte?
00:33:04: Speaker2: Habe ich in der Tat öfter,
00:33:06: Speaker0: Dass Leute zu mir kommen und sagen, ich muss operiert werden,
00:33:09: Speaker0: ich habe mir sie rausgesucht, im Internet gefunden, bitte operieren Sie mich.
00:33:13: Speaker0: Das ist natürlich erstmal für einen Wirbelsäulenchirurgisch tätigen Arzt eine,
00:33:19: Speaker0: ja, bei uns sagt man Gmadevisen, dann könnte ich einfach sagen,
00:33:23: Speaker0: ja, unterschreiben Sie und wir machen das.
00:33:25: Speaker0: Aber man ist eben nicht ein Techniker, nur der halt wie in der Fabrik operiert,
00:33:32: Speaker0: operiert, operiert, sondern man ist ja der Arzt.
00:33:35: Speaker0: Ich versuche erstmal die Leute mir so weit erklären zu lassen,
00:33:41: Speaker0: warum sie denn schon bei der OP sind, was sich denn von der Operation erhoffen.
00:33:47: Speaker2: Und wenn ich sage, wenn man sie operiert,
00:33:50: Speaker0: Oftmals kommt man halt mit einer falschen OP-Idee zu mir.
00:33:55: Speaker0: Ich habe selber auch genügend Operationen gemacht,
00:33:58: Speaker0: die mittlerweile einfach nicht mehr angeboten werden, weil man über die vielen
00:34:03: Speaker0: Jahre hinweg die Verläufe gesehen hat, dass es nicht gut ist,
00:34:07: Speaker0: zum Beispiel in eine Bandscheibe hineinzustechen und diese Bandscheibe zu verkochen
00:34:12: Speaker0: und dadurch zu schrumpfen, um einen Schmerz durch eine Bandscheibenvorwölbung zu nehmen.
00:34:18: Speaker0: Zum Beispiel, wenn so Leute kommen und sagen, ich hätte dieses Verfahren gern.
00:34:20: Speaker2: Dann ist es gut, dass ich mit allen Wassern gewaschen bin und den Leuten dieses
00:34:26: Speaker2: Verfahren, das sie haben wollen,
00:34:28: Speaker0: Erstmal sauber erkläre. Meistens ist diese Erklärung schon gut.
00:34:33: Speaker0: Nie erfolgt. Die Leute hatten keine Idee eigentlich, auf was sich da einlassen,
00:34:38: Speaker0: sondern eine große Hoffnung und dann heißt es, oh, dann was bieten sie denn
00:34:43: Speaker0: sonst an, wenn man es operieren muss?
00:34:44: Speaker0: Und dann sagt man, ja, in dem Fall ist mechanisch und biomechanisch,
00:34:49: Speaker0: da kommt man zum Thema die Wirbelsäule verstehen, wie ist sie aufgebaut.
00:34:53: Speaker2: Zu einer sinnvollen Lösung, die sieht so, so und so aus, vielleicht mit Schrauben
00:34:57: Speaker2: und einem Ersatz von einem Bandscheibenfach und so.
00:35:00: Speaker0: Und dann wird die Operation so groß, dass die Patienten sagen, nein.
00:35:06: Speaker2: Und dann zu sagen, aber ihr Ziel
00:35:08: Speaker0: War doch eigentlich nur den Rückenschmerz wegzukriegen oder so weit zu minimieren,
00:35:14: Speaker0: wie früher mal, dass sie funktionieren können und glücklich leben.
00:35:18: Speaker0: Warum machen wir nicht einen Versuch?
00:35:21: Speaker0: Das heißt, das Ziel des Patienten ernst nehmen, die Operation erklären,
00:35:26: Speaker0: einordnen, wenn es eine vernünftige Sache ist.
00:35:28: Speaker0: Wenn jemand kommt und sagt, mein Orthopäde sagt, ich habe einen Bandscheibenvorfall,
00:35:33: Speaker0: ich habe ein lahmes Bein seit zwei Tagen, das muss dringlich operiert werden.
00:35:38: Speaker0: Der schickt mich jetzt zu Ihnen, weil Sie machen das doch.
00:35:41: Speaker2: Ja, dann mache ich das auch,
00:35:43: Speaker0: Weil dann erkläre ich es, was ich da operiere. Dann haben wir die OP-Aufklärung gleich.
00:35:47: Speaker2: Aber sonst liegt
00:35:49: Speaker0: Es immer an der genauen Aufklärung, auch die Anatomie, die Erkrankung erklären
00:35:53: Speaker0: und dann eine Minimalvariante anbieten.
00:35:56: Speaker2: Die zum ähnlichen Ziel führt.
00:35:58: Speaker0: Immer der Spagat zwischen, wie an der Börse auch, großes Risiko,
00:36:02: Speaker0: großer Erfolg sofort, kleines Risiko, braucht länger, längere Laufzeiten,
00:36:08: Speaker0: da könnte man den Bankkaufmann wiederholen,
00:36:12: Speaker0: längere Laufzeiten und der Effekt mit dem Benefit kommt vielleicht deutlich
00:36:18: Speaker0: später, aber kommt auch bei weniger Risiko.
00:36:21: Speaker1: Also, Benna, was würdest du Patienten mitgeben, die in einer solchen Situation sich befinden,
00:36:28: Speaker1: die mit einer Erwartungshaltung reingekommen sind,
00:36:32: Speaker1: dann von ihrem Orthopäden-Neurochirom den Therapieplan bekommen hat,
00:36:40: Speaker1: was der Arzt zusammen mit dem Patienten erarbeitet hat,
00:36:46: Speaker1: Und um sich die Entscheidung am Ende leichter zu machen oder besser zu verstehen,
00:36:54: Speaker1: ob sie weiterhin an ihrem Vorhaben und zum nächsten Arzt rennen,
00:37:00: Speaker1: der sie dann operiert, weil irgendeinen wird es immer geben,
00:37:02: Speaker1: da brauchen wir uns nichts vormachen.
00:37:04: Speaker0: Und andersrum, der Appret von der OP.
00:37:08: Speaker2: Weil er das nicht macht.
00:37:10: Speaker0: Genau.
00:37:11: Speaker1: Aber gibt es da einen Tipp von deiner Seite, wo du sagst, das würdest du dem
00:37:15: Speaker1: Patienten empfehlen, wenn sie in der Situation sind und dann den Therapieplan
00:37:19: Speaker1: vorgeschlagen bekommen haben und sich weiterhin unsicher sind?
00:37:24: Speaker0: Wenn man sich weiter unsicher ist, würde ich zu dem Arzt zurückgehen,
00:37:30: Speaker0: der mich am besten aufgeklärt hat und meine Ängste und Sorgen dort nochmal vorbringen.
00:37:36: Speaker0: Es ist bei den gerade chirurgisch tätigen Kollegen sicherlich häufig so.
00:37:42: Speaker2: Dass Patienten dann zu Hause sitzen,
00:37:45: Speaker0: Nicht mehr genau wissen, was hat der alles mir erzählt.
00:37:49: Speaker2: Ängste kriegen und wieder anrufen.
00:37:53: Speaker0: Und so etwas, auch wenn man es nicht abrechnen kann, weil es undankbar ist,
00:37:59: Speaker0: wenn es wieder ein Termin ist in der Praxis, der belegt wird.
00:38:04: Speaker2: So etwas muss man anbieten.
00:38:05: Speaker0: Das zeichnet dann auch für meine Begriffe den guten Chirurgen aus.
00:38:09: Speaker2: Dass die Leute, also ich mache das dann telefonisch gern,
00:38:13: Speaker0: Ich lasse mir eine E-Mail schreiben und kann dann in meiner Zeit, die ich dann bestimme,
00:38:19: Speaker0: die Leute zurückrufen und kann nochmal erklären, warum habe ich was vorgeschlagen,
00:38:24: Speaker0: wo sind die Ängste und jemand hat dann bei Google nachgelesen,
00:38:28: Speaker0: aber man kann sich verrückt machen und man soll da ein Vertrauensverhältnis.
00:38:34: Speaker2: Zu seinem Chirurgen kriegen,
00:38:36: Speaker0: Der einen diese Operation vorschlägt oder wenn einer die Behandlung ablehnt
00:38:41: Speaker0: mit Operation und sagt, wir machen das konservativ oder mit Spritzenbehandlungen
00:38:46: Speaker0: und man hat Sorge, ob man sich damit etwas verbaut.
00:38:49: Speaker2: Ob man Fehler macht,
00:38:50: Speaker0: Dann soll man zu dem zurückgehen. Und wenn der dann irgendwie komisch ist,
00:38:55: Speaker0: dann weiß man auch, vielleicht wollte er mir nur was verkaufen,
00:39:00: Speaker0: vielleicht kann er die Operation nicht und will mich als Patient behalten oder
00:39:04: Speaker0: will mich als Patient loswerden und schickt mich schnell ins Krankenhaus.
00:39:08: Speaker0: Das kann einem auch so ein Fingerzeig geben, aber immer ich würde zum gleichen
00:39:12: Speaker0: Arzt nochmal gehen, der mir etwas empfohlen hat und mit dem nochmal besprechen möchte.
00:39:17: Speaker0: Nochmal, der Arzt ist der Anwalt des Patienten.
00:39:20: Speaker0: Der Patient, man sieht es in unserem Gesundheitssystem, der Patient ist der
00:39:25: Speaker0: dümmste im ganzen System, wird aktuell nicht an die Hand genommen,
00:39:30: Speaker0: sondern man kann mit seinem Rückenschmerz hingehen, wo man will.
00:39:32: Speaker0: Man kann zum Hausarzt gehen.
00:39:34: Speaker2: Man kann zum Neurologen gehen,
00:39:35: Speaker0: Man kann zum Reha-Mediziner gehen.
00:39:38: Speaker2: Man kann zum Neurochirurgen gehen, zum Unfallchirurgen gehen, zum Orthopäden gehen.
00:39:41: Speaker0: Wo gehöre ich denn hin?
00:39:44: Speaker1: Ja, also da sprichst du dir wirklich was an, was tatsächlich seit Jahren und
00:39:49: Speaker1: da ich ja auch jahrelang in dem Bereich Wirbelsäulenschirurgie tätig war,
00:39:55: Speaker1: das ist tatsächlich ein so wichtiger Stützpunkt, die Wirbelsäule,
00:40:00: Speaker1: die es aber eigentlich bis heute nicht geschafft hat, einen eigenen Fachbegriff
00:40:05: Speaker1: dazu zu bekommen oder eine eigene Fachbezeichnung zu haben.
00:40:08: Speaker1: Du sagst gerade selber, es darf im Endeffekt jeder Arzt die Wirbelsäule behandeln,
00:40:13: Speaker1: therapieren, teilweise auch operieren, was das Ganze natürlich auch nicht so
00:40:18: Speaker1: einfach macht für den Patienten, der in diesem System drinsteckt.
00:40:22: Speaker1: Bernhard, jetzt haben wir ja viel über die Krankheitsbilder gesprochen,
00:40:29: Speaker1: über die Therapieplanerstellung, auf die wir dann aber auch nochmal ganz kurz zurückkommen.
00:40:34: Speaker1: Aber gibt es denn typische OP-Fälle, also Patienten mit einer Diagnose,
00:40:41: Speaker1: mit einem anatomischen Befund in der Untersuchung, wo du sagst,
00:40:46: Speaker1: das sind diese typischen OP-Fälle, da kann man auch gar nicht anders als den operativen Weg gehen.
00:40:57: Speaker0: In der Spezialisierung auf Wirbelsäulentherapie, darum schreibe ich mir auch
00:41:04: Speaker0: extra Wirbelsäulentherapie auf die Fahnen und nicht nur Wirbelsäulenchirurgie,
00:41:09: Speaker0: steht man immer vor der Frage,
00:41:12: Speaker0: spätestens am Patienten dann, muss ich denn operiert werden?
00:41:18: Speaker0: Und da gibt es immer ein Müssen.
00:41:22: Speaker2: Nein, aber Sollten, ja. Es hängt wieder an den Zielen des Patienten,
00:41:26: Speaker0: Aber es gibt klare Felder. Natürlich, wenn jemand eine Lähmung hat,
00:41:36: Speaker0: die vielleicht sogar schlechter geworden ist, die Kraft wird weniger und man
00:41:41: Speaker0: sieht einen klaren Befund, der eindeutig dazu passt,
00:41:46: Speaker0: dann kann jemand entweder die
00:41:48: Speaker0: Sache in die Hose gehen lassen und es akzeptieren, der muss es nur wissen.
00:41:52: Speaker2: Oder er gehört
00:41:53: Speaker0: Einfach operiert und dann macht man nicht noch herum mit Hirnreha-Antrag und
00:41:59: Speaker0: da noch drei Wochen Krankschreibung und so, sondern dann gehört das operiert.
00:42:03: Speaker0: Es kommt auch manchmal in so Google-Bewertungen dann schlecht raus.
00:42:06: Speaker0: Leute haben natürlich dieses Problem, Leute haben einen gebrochenen Wirbel und
00:42:11: Speaker0: der Wirbel ist nicht so einfach gebrochen, dass er anstatt viereckig kastenförmig
00:42:17: Speaker0: zu sein, wenn er dann ein kleines bisschen schräg ist, sondern der hat einen Spalt,
00:42:21: Speaker0: der ist nicht stabil, es kann sich verschieben.
00:42:25: Speaker0: Und wenn man das erkennt und den Leuten mitteilt, dann ist ein großes Unsicherheitsmoment
00:42:34: Speaker0: bei den Patienten vorhanden, die sagen,
00:42:36: Speaker0: was will der von mir, will er mich jetzt nur operieren und Geld verdienen.
00:42:41: Speaker0: Und da ist auch wieder, dass man sagt, nein, verstehen Sie das Problem, man erklärt es genau.
00:42:47: Speaker2: Ich gebe mir viel Mühe,
00:42:49: Speaker0: Auch am großen Monitor hängt in jedem Behandlungszimmer, wo ich die einzelnen
00:42:53: Speaker0: Bilder mit den Leuten durchgehe und eine Befundbesprechung mache,
00:42:58: Speaker0: dass sie verstehen, was liegt denn vor.
00:42:59: Speaker0: Dann wird untersucht und ich demonstriere nicht.
00:43:02: Speaker2: Nur am Bild,
00:43:03: Speaker0: Sondern am eigenen Körper des Patienten, Wenn wir das Bein hochheben und es
00:43:09: Speaker0: schießt bis runter rein und das ist der Nervenschmerz.
00:43:13: Speaker0: Viele Leute haben Schmerzen irgendwie über dem Po und haben sich auf einen Brustwirbel
00:43:18: Speaker0: gebrochen und ich will den dann stabilisieren, zementieren.
00:43:22: Speaker0: Diese Übergangsstelle zwischen einer starren Brustwirbelsäule,
00:43:27: Speaker0: auch wieder die Anatomie, die du vorher so schön erklärt hast.
00:43:30: Speaker2: Zu einer sehr beweglichen Lendenwirbelsäule ist ein ganz wichtiger Punkt,
00:43:34: Speaker0: Dass sie später keinen Buckel haben, keine deutliche Fehlstellung haben und
00:43:38: Speaker0: alle Muskeln, die vorne an der Wirbelsäule und Becken sind.
00:43:42: Speaker2: Verkürzen, ziehen sie
00:43:43: Speaker0: Weiter in so eine runde Stellung.
00:43:45: Speaker2: Bei der Osteoporose, also mit schlechter weicher Knochenqualität,
00:43:51: Speaker0: Patientin im etwas höheren Alter vielleicht, ist so etwas der Weg zu immer,
00:43:57: Speaker0: immer weiteren Operationen.
00:43:59: Speaker0: Wenn man jemand in einer Fehlstellung lässt, sehenden Auges,
00:44:03: Speaker0: das ist wie ein Architekt, der sagt, wenn Sie dieses Gebäude so bauen,
00:44:07: Speaker0: das stürzt Ihnen halt ein.
00:44:09: Speaker0: Da kann man sich entweder dann die Hände reiben und sagen, der kommt jetzt alle
00:44:13: Speaker0: drei Jahre zu mir und braucht wieder irgendwas.
00:44:16: Speaker0: Oder man erklärt den Leuten das Thema. Also da Knochenbruch mit einer instabilen Situation.
00:44:22: Speaker2: Das muss man untersuchen,
00:44:24: Speaker0: Man muss vielleicht unter Röntgen auch Bewegungsaufnahmen machen,
00:44:28: Speaker0: an der Halswirbelsäule ist so ein Thema. Es gibt Leute, die brechen sich bei
00:44:33: Speaker0: dem typischen Genickbruch zum Beispiel an, zweiten Halswirbel.
00:44:36: Speaker2: Manche haben sowas anlagebedingt,
00:44:38: Speaker0: Der ist nicht.
00:44:39: Speaker2: Vernünftig verknöchert als Kind.
00:44:41: Speaker0: Es gibt Rheumatiker, da schaut so etwas schräg aus und man muss dann den Leuten
00:44:47: Speaker0: sagen, da wird ein CT gemacht, der Hausarzt sagt, oh Gott, Halswirbelsäule,
00:44:51: Speaker0: der zweite Halswirbel direkt unter dem Kopf, unter dem Gehirn.
00:44:55: Speaker2: Das ist so auf Höhe vom Mund,
00:44:56: Speaker0: Wenn man sich mit dem Wattestäbchen in den Gaumen fasst.
00:45:00: Speaker2: Dann kommt man da raus,
00:45:01: Speaker0: Wo der Wirbel hinten ist. Das heißt, das ist eine gefährliche Struktur und den
00:45:05: Speaker0: Leuten hat man erklärt, sie müssen operiert werden, oh Gott,
00:45:07: Speaker0: und wenn, dann ist es eine Querschnittslähmung, die Arme und Beine betreffen würde.
00:45:11: Speaker0: Und wenn man dann eine Untersuchung machen kann, unter Röntgenkontrolle Kopf
00:45:16: Speaker0: bewegen und schauen, wo stehen welche Knochen.
00:45:19: Speaker2: Wie instabil ist es,
00:45:21: Speaker0: Oder es kommen dann plötzlich die Kribbelausfälle in Armen und Beinen, es kommt dann.
00:45:26: Speaker2: Zu diesen Schmerzsymptomen blitzartig im ganzen Körper und kann man sagen,
00:45:31: Speaker2: ha, hier haben wir Ihr Problem,
00:45:33: Speaker0: Einmal festgenagelt, da ist es und das wird von allein nicht gut und dann gehört
00:45:38: Speaker0: das operiert. Oder man sagt.
00:45:39: Speaker2: Das Bild schaut furchtbar aus,
00:45:41: Speaker0: Schauen Sie es halt nicht an, das kriegen wir konservativ auch hin.
00:45:45: Speaker2: Und in vielen Fällen ist es so,
00:45:48: Speaker0: Dass man es eben konservativ hinkriegt. Aber gerade die Fälle.
00:45:51: Speaker2: Die man technisch sauber
00:45:52: Speaker0: Untersuchen kann und in der körperlichen Untersuchung das Problem dann nachempfinden kann.
00:45:58: Speaker2: Beweisen kann, das gehört immer auch gemacht.
00:46:01: Speaker0: Die körperliche Untersuchung, nicht nur Bilder anschauen.
00:46:04: Speaker2: Man muss immer auch die Leute völlig,
00:46:07: Speaker0: Also auch keine Diagnose durch den dicken Mantel und Schal und so und quer über
00:46:12: Speaker0: den Schreibtisch hinweg, sondern ausziehen die Leute, untersuchen die Leute
00:46:17: Speaker0: und schauen, was haben wir denn.
00:46:20: Speaker1: Sehr schön, Bernd, jetzt in dieser Themenrubrik kommen wir jetzt zur letzten
00:46:26: Speaker1: Frage und die ist wirklich entscheidend, weil wir die in den letzten Podcast-Folgen
00:46:30: Speaker1: auch schon öfters mal hatten.
00:46:33: Speaker1: Wie wichtig siehst du die interdisziplinäre
00:46:35: Speaker1: Zusammenarbeit in der Therapieplanerstellung für deine Patienten?
00:46:39: Speaker2: Es ist eminent wichtig.
00:46:41: Speaker0: Ich habe in meiner orthopädischen Praxis.
00:46:45: Speaker2: Die ist eine normale,
00:46:47: Speaker0: Allgemein orthopädische, wenn man so will, Praxis,
00:46:51: Speaker0: da habe ich aufgrund meiner Spezialisierung das Wirbelsäulenzentrum Ammersee
00:46:57: Speaker0: gegründet oder gründen müssen, weil es einem Arzt alleine heutzutage nicht mehr
00:47:03: Speaker0: möglich ist, alles zu wissen.
00:47:05: Speaker0: Ich kann nicht wie ein Facharzt für Neuroradiologie Rückenmarksveränderungen
00:47:13: Speaker0: so einschätzen und befunden.
00:47:16: Speaker0: Ich kann nicht genau wissen, ist eine Bandscheibe nur völlig zerrüttet,
00:47:22: Speaker0: verschlissen, kaputt mit einer Entzündung, die nichts mit Bakterien zu tun hat,
00:47:26: Speaker0: sondern die auf Reibung, Druck und Mechanik beruht oder ist das eine vereiterte Bandscheibe?
00:47:33: Speaker2: Wie gesagt, die Leute werden älter,
00:47:35: Speaker0: Die haben ein Nierenproblem, die haben Lungenprobleme, die haben Diabetes.
00:47:38: Speaker2: Die sammeln Infektionen ein. Man war dann irgendwie krank,
00:47:43: Speaker0: Hat noch Bakterien draufgekriegt und eine Nasennebenhüllenentzündung, was auch immer.
00:47:48: Speaker0: Und in der Geschichte kommen dann lauter so Sachen raus.
00:47:51: Speaker0: Da brauche ich den Allgemeinmediziner, ich brauche den Neurologen,
00:47:56: Speaker0: ich brauche einen guten Radiologen, auch jemand, der mir mit meiner Fragestellung,
00:48:01: Speaker0: die ich vor einer OP brauche, genau dieses Bild liefert.
00:48:05: Speaker0: Ich ärgere mich zum Beispiel immer, dass ein Kernspinn von der Halswirbelsäule
00:48:09: Speaker0: nicht beim Kopf oben anfängt, sondern dass es mit dem zweiten Halswirbel beginnt und runterläuft.
00:48:15: Speaker0: Manche Sachen siehst du halt so nicht. Ähm.
00:48:18: Speaker0: Es braucht also so ein Netzwerk, es braucht mit den OP-Techniken viele Sachen, kenne ich zwar,
00:48:26: Speaker0: kann aber nicht selber so gut, einfach ich bin zu lange niedergelassen,
00:48:32: Speaker0: habe viele von den großen Operationen irgendwie begleitet, wenn man gerade in
00:48:37: Speaker0: den Brustkorb hinein operiert mit Kamerasystemen, thorakoskopisch nennt man das,
00:48:42: Speaker0: aber sowas habe ich selber alleine nicht gemacht Und da braucht es dann die Expertise von.
00:48:48: Speaker2: So einem Arzt,
00:48:49: Speaker0: Der kann einfach vielleicht diese Untersuchungen und Abklärungen vorher nicht machen.
00:48:53: Speaker2: Man braucht diesen Chirurgen
00:48:54: Speaker0: Aber und man braucht ihn im Zweifelsfalle jetzt mit einem Überweisungsschein
00:49:00: Speaker0: in der Tasche, der über das Quartal hinweg dann noch gültig ist,
00:49:05: Speaker0: wenn man umeinander läuft.
00:49:07: Speaker2: Das kann man vergessen.
00:49:08: Speaker0: Da kommt kein Ergebnis raus. Ein Netzwerk ist so wichtig und die Patienten danken es einem.
00:49:18: Speaker0: Es ist quasi wie eine dauerhafte Chefarztbehandlung.
00:49:21: Speaker2: Man ist von der Praxis in die nächste Praxis,
00:49:24: Speaker0: Ins Krankenhaus, vom Krankenhaus raus, in die Reha, in die Nachbehandlung, immer in einer Hand.
00:49:29: Speaker2: Weil die Ärzte in diesem Netzwerk wissen voneinander, wissen von dem Fall und
00:49:35: Speaker2: sind sofort ansprechbar.
00:49:37: Speaker0: Zwar jetzt nicht direkt für den Patienten, aber der eine behandelnde Arzt kann
00:49:42: Speaker0: immer den anderen im Netzwerk schnell zurückfragen. Darum ist es so wichtig.
00:49:46: Speaker2: So top, wenn es sowas gibt. Leider wird es in Deutschland nicht finanziert.
00:49:51: Speaker0: Es ist immer eine Eigeninitiative von Ärzten, die sowas auf die Füße stellen
00:49:55: Speaker0: und im Zweifelsfalle muss man sich die Kritik einer Kartellbildung gefallen
00:50:01: Speaker0: lassen. Darum ist es auch sehr gefährlich.
00:50:03: Speaker2: Was man da
00:50:05: Speaker0: Genau macht und wie man sich aufstellt.
00:50:09: Speaker1: Jetzt hast du das Ganze wirklich sehr schön und sehr toll erklärt und ich finde
00:50:13: Speaker1: es wirklich sensationell, auch dass du trotzdem erwähnst, dass auch da immer
00:50:18: Speaker1: wieder die Probleme mit dieser sogenannten Kartellbildung kommen.
00:50:23: Speaker1: Wir hatten ja letztes Mal in den Folgen, in der Onkologie oder auch in der Radiologie
00:50:29: Speaker1: oder in der Strahlenmedizin Medizin, den Punkt,
00:50:33: Speaker1: ob denn die interdisziplinäre Zusammenarbeit in den letzten Jahren sich verbessert
00:50:39: Speaker1: hat oder schlechter geworden ist.
00:50:42: Speaker1: Kannst du ganz kurz sagen, ob du es besser findest oder dass es allgemein besser
00:50:48: Speaker1: geworden ist oder ob es eher schlechter geworden ist?
00:50:50: Speaker0: Aus meiner Sicht ist eher schlechter geworden die Zusammenarbeit.
00:50:55: Speaker2: Es hängt sehr dann an den einzelnen Ärzten. Es geht immer ums Persönliche,
00:51:01: Speaker0: Wenn man sich dann mal kennt, wenn Ängste und Sorgen abgebaut sind.
00:51:04: Speaker2: Jeder ist entweder ein abhängiger Unternehmer,
00:51:07: Speaker0: Darf nichts falsch machen seinem Chef gegenüber und das ist heutzutage im Krankenhaus
00:51:12: Speaker0: ist der Chef keineswegs der Arzt oder in der eigenen Praxis riskiert man da
00:51:18: Speaker0: irgendetwas Zulassungsrechtliches. Was sagen die Praxiskollegen dazu?
00:51:24: Speaker2: Man muss sich sehr sicher sein, mit wem man zusammenarbeitet.
00:51:27: Speaker0: Darum ist es so aus offizieller Schiene eher schlechter geworden,
00:51:31: Speaker0: auf inoffizieller Schiene, wenn man viel unterwegs ist, auf Kongresse geht,
00:51:36: Speaker0: Leute kennenlernt, offen ist.
00:51:38: Speaker0: Die Ärzte, die wollen schon. Jeder hat doch das gleiche Problem. Ja, definitiv.
00:51:45: Speaker1: Werner, jetzt bist du ja nicht nur Behandler, sondern auch tatsächlich Codierungsexperte.
00:51:52: Speaker1: Für die Zuhörer ein Codierungsexperte ist im Endeffekt jemand,
00:51:57: Speaker1: der zu den jeweiligen Behandlungen oder auch zu den operativen Eingriffen die Expertise hat,
00:52:04: Speaker1: die jeweilige Vergütung über einen sogenannten Ziffernummerncode zu erstellen.
00:52:11: Speaker1: Wie sehr beeinflusst dich als niedergelassener Orthopäde, aber auch als operativ
00:52:18: Speaker1: tätiger Orthopäde in der Klinik das Abrechnungssystem der Entscheidung der Medizin?
00:52:27: Speaker0: In der Entscheidung beeinflusst es mich nicht.
00:52:34: Speaker0: Es beeinflusst mich dahingehend, ob ich einen gewissen Frust entwickle und mich
00:52:43: Speaker0: ungerecht behandelt fühle,
00:52:44: Speaker0: wenn man gerade das Stichwort von Operationen, die immer mehr technisiert werden,
00:52:51: Speaker0: modernisiert werden, kleine Schnitte anstatt großer Schnitt,
00:52:55: Speaker0: wenn man sagt, es gibt so ein System und eine Bandscheibenoperation,
00:53:01: Speaker0: weil die das häufigste ist, glaube ich, was die Leute so erwarten, worüber man spricht,
00:53:06: Speaker0: eine Bandscheibenoperation wird schon sehr lange angeboten.
00:53:09: Speaker0: Das gab es früher einfach groß aufgeschnitten, dass ein Chirurg reinschauen
00:53:14: Speaker0: kann und mit den Händen richtig reingreifen kann.
00:53:17: Speaker2: Dann irgendwann hat man ein Mikroskop über den Patienten drüber gefahren,
00:53:23: Speaker0: Dann wird die Sache noch kleiner.
00:53:24: Speaker2: Dann kommt jetzt ein Kamerasystem,
00:53:26: Speaker0: Das man über kleine Schnitte einführt. Aber das Geld ist immer noch das Gleiche
00:53:31: Speaker0: wie für das Mikroskop operieren,
00:53:34: Speaker0: obwohl eine Minikamera mit speziellen Mini-Werkzeugen, die durch einen Arbeitskanal
00:53:40: Speaker0: an dieser Kamera durchgeschoben werden müssen,
00:53:43: Speaker0: obwohl dieses System wesentlich teurer ist in der Anschaffung.
00:53:48: Speaker0: Das heißt, es beeinflusst die wirtschaftliche Entscheidung in einem Krankenhaus,
00:53:53: Speaker0: welche Geräte sie anschaffen, wie viele solche Geräte sind da.
00:53:56: Speaker2: Wenn so ein Gerät mal ausfällt,
00:53:58: Speaker0: Gibt es auch diese OP nicht, dann fällt man wieder zurück auf eine andere Lösung.
00:54:03: Speaker2: Da kommt es
00:54:04: Speaker0: Für mich eben darauf an, dass die Ärzte sich bemühen und eine OP,
00:54:08: Speaker0: die auch erstmal verstanden werden muss.
00:54:10: Speaker2: Was tut man da,
00:54:12: Speaker0: Das richtige Entgelt erwirtschaftet, dass diese OP weiter durchgeführt werden
00:54:18: Speaker0: kann und nicht einfach von einer Klinik zu wenig von dieser Infrastruktur angeschafft werden kann.
00:54:24: Speaker0: In der eigenen Praxis mit dem Krankenkassensystem ist man in einem Zwangskorsett drinnen.
00:54:32: Speaker2: Da hat man sich entschieden,
00:54:33: Speaker0: Wenn man ein Kassenarzt wird, dass man das so macht.
00:54:38: Speaker0: Da ist die Medizin in diesem System eigentlich, die kommt da gar nicht vor.
00:54:43: Speaker0: Das ist sehr, wie soll man sagen.
00:54:46: Speaker2: Diese Budgets und wie oft sieht man einen Patienten,
00:54:50: Speaker0: Das wird einem da vorgegeben, wie lange darf man brauchen, aber es interessiert
00:54:55: Speaker0: einen nicht. Man merkt halt nur, ob man wieder mal zu viel gearbeitet hat und
00:54:59: Speaker0: kein Geld dafür kriegt. Die Leistung ist aber erbracht.
00:55:03: Speaker2: Dann ist man eher frustriert.
00:55:06: Speaker0: Und das ist auch das, wo man sich halt als.
00:55:09: Speaker2: Arzt fragen muss,
00:55:10: Speaker0: Wie lange mache ich das? Darum gehen viele dann in die reine Privatmedizin.
00:55:14: Speaker0: Da ist es plötzlich anders. Da wird ein halbstündiges Gespräch auch mit einer halben Stunde bezahlt.
00:55:20: Speaker0: Und zwar, man kann sich vorstellen, man wird mit einem Rechtsanwalt eine halbe
00:55:24: Speaker0: Stunde Beratungsgespräch führen.
00:55:27: Speaker2: Was man da
00:55:28: Speaker0: Bezahlt und was man bezahlen muss bei einem Arzt, auch einer,
00:55:32: Speaker0: der studiert hat, wenn man eine halbe Stunde Beratungsgespräch hat.
00:55:37: Speaker0: Also ich finde, dass die Aufgabe von Ärzten ist, sich mit diesen Finanzsystemen
00:55:44: Speaker0: auseinanderzusetzen, Expertisen zu schreiben, an die nötigen Stellen heranzugehen
00:55:49: Speaker0: und zu sagen, diese Sachen sind anders zu bewerten.
00:55:53: Speaker0: Manche Behandlungsformen einfach sind, die wurden gestrichen oder werden abgewertet,
00:55:58: Speaker0: weil es ein politischer Wille ist.
00:56:00: Speaker2: Es wird angeblich zu viel operiert an der Wirbelsäule.
00:56:07: Speaker2: Solche Sachen führen dazu,
00:56:10: Speaker0: Dass wir eine schlechtere Versorgung der Patienten kriegen. Die Leute sind ja trotzdem krank.
00:56:16: Speaker1: Du hast es ja vorher auch kurz angesprochen, es sind natürlich jetzt aber auch,
00:56:21: Speaker1: also klar, es wird gesagt, es wird mehr operiert, was tatsächlich ja über Statistiken
00:56:25: Speaker1: ja auch so eruiert worden ist und nachweisbar ist, aber wir haben natürlich
00:56:30: Speaker1: auch durch die Sportarten,
00:56:32: Speaker1: durch E-Bikes, mit denen wir jetzt in den Bergen rumpraxeln und alles mögliche,
00:56:40: Speaker1: natürlich auch viel, viel mehr Verletzungen in dem Bereich. daher bleiben ja die
00:56:48: Speaker1: Ja, die mehr Operationen und die, sag ich mal, zu operierenden Fälle gar nicht aus.
00:56:55: Speaker0: Natürlich, also auch der technische Fortschritt und das bessere Verständnis
00:57:00: Speaker0: der Zusammenhänge am Körper, Wirbelsäule angrenzende Gelenke drumherum,
00:57:06: Speaker0: führt natürlich dazu, dass man mehr auch spezialisierte Therapieangebote machen kann.
00:57:13: Speaker2: Es hilft ja nichts,
00:57:14: Speaker0: Wenn man sagt, sie sind jetzt 70 Jahre alt, sie arbeiten doch sicher nicht mehr.
00:57:20: Speaker2: Wir tun mit ihnen nichts mehr,
00:57:22: Speaker0: Sie kriegen eine Schmerztablette, nehmen sich einen Blumenstrauß und warten
00:57:25: Speaker0: am Friedhof, bis sie dran sind. Das geht nicht.
00:57:29: Speaker1: Bernd, ganz kurz kannst du oder was würdest du sagen, müsste sich verändern,
00:57:36: Speaker1: um für den Patienten am Ende wieder die bessere Medizin leisten zu können?
00:57:44: Speaker1: Natürlich immer davon auch ausgehen, dass der Patient auch das Verständnis durch
00:57:49: Speaker1: solche Podcasts, die jetzt bei uns hat, was steckt eigentlich dahinter, hinter dieser Medizin?
00:57:55: Speaker1: Aber was würdest du vorschlagen, was müsste sich ändern, damit es besser wird?
00:58:01: Speaker0: Also es müssten sich verschiedene Sachen verändern.
00:58:04: Speaker0: Erstmal sollte von staatlicher Seite eine Vorsorge.
00:58:10: Speaker2: Bevor es zu einem Krankheitsfall kommt,
00:58:13: Speaker0: Gefördert werden. Nicht krank zu werden ist der beste Schutz davor.
00:58:18: Speaker2: Teure Behandlungskosten zu erzeugen. wenn zu mir Leute kommen,
00:58:22: Speaker2: junge Leute, die sagen, ich fange meinen Job als Bauer weiter an,
00:58:25: Speaker0: Als Gartenbauer an, ich gehe als Bäcker irgendwo hin.
00:58:28: Speaker2: Was muss ich machen,
00:58:30: Speaker0: Um meinen Rücken nicht zu ruinieren? Und die Leute sind gesund.
00:58:33: Speaker2: Die haben keine Diagnose, ich kann keine Behandlung machen,
00:58:38: Speaker0: Ich mache eine Untersuchung und Beratung, mache ich gern und dann kriegt man
00:58:43: Speaker0: dafür, weil der ja da war.
00:58:46: Speaker2: Irgendwie 25 Euro und das war es.
00:58:49: Speaker0: Und das ist irgendwie, da hinkt das System. Das heißt, die Vorbeugung,
00:58:54: Speaker0: Prophylaxe, Gesundheitsaufklärung auch an der Schule, auch diese etwas falsche
00:58:59: Speaker0: Technikgläubigkeit, alle Kinder brauchen in der Schule ein Handy.
00:59:02: Speaker2: Ein Smartphone, Tablet, hocken alle da,
00:59:04: Speaker0: Kopf gesenkt, Kopf nach vorne geschoben, bucklig, machen das privat dann weiter.
00:59:09: Speaker0: Das führt zu diesen Fehlbelastungen und zu den Schäden, dann werden die Patienten
00:59:14: Speaker0: auch schon jünger mit Nackenschmerzen und so.
00:59:18: Speaker0: Die Vorbeugung. Das andere ist, die Finanzierung in der Medizin ist auf einem
00:59:27: Speaker0: Stand, der ist einfach Jahrzehnte alt. Es müsste etwas aktualisiert werden.
00:59:33: Speaker0: Aktuell ist ja auch in der Planung die Gebührenordnung für Ärzte zu reformieren.
00:59:41: Speaker0: Leider sind da die Ärzte und Fachärzte zu wenig gehört und es kommt wieder zu einer Idee.
00:59:47: Speaker2: Wie man halt sparen kann. Das heißt, wenn man den Bock zum Gärtner macht,
00:59:51: Speaker0: Wird man auch die Ärzte davontreiben, dass sie manche Sachen nicht mehr anbieten
00:59:55: Speaker0: können. Du kannst nicht immer nur die Wohlfahrt spielen, sonst gehst du pleite.
01:00:00: Speaker0: Auch da also das Entgelt muss nochmal überdacht werden,
01:00:05: Speaker0: dann fände ich es wichtig, dass es endlich und dass auch die Deutsche Wirbelsäulengesellschaft
01:00:11: Speaker0: dafür endlich eine Facharztbezeichnung gibt oder eine Weiterbildung für spezielle
01:00:16: Speaker0: Wirbelsäulenchirurgie.
01:00:17: Speaker0: Das gibt es nicht.
01:00:19: Speaker2: Es gibt verschiedene Zertifikate,
01:00:22: Speaker0: Qualitätsoffensiven. Jeder kennt jetzt diese Gelenkzentren, die es gibt und
01:00:28: Speaker0: Darmzentrum, Brustzentrum, wenn es um verschiedene Erkrankungen so geht.
01:00:32: Speaker0: Warum diese Wirbelsäulenzentren, es gibt da verschiedene Zertifizierungen,
01:00:38: Speaker0: ob man von europäischer Seite über die Eurospine, Deutschland,
01:00:43: Speaker0: mit der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft oder wie auch immer, wie man da vorgehen mag.
01:00:48: Speaker2: Es müsste dann so sein,
01:00:50: Speaker0: Dass es zertifizierte Zentren gibt, die eine Expertise und Qualität anbieten,
01:00:55: Speaker0: die dann eben bezahlt werden. Und wenn andere.
01:00:57: Speaker2: Mit reinmischen und haben diese Expertise nicht,
01:01:00: Speaker0: Dann fallen die aus solchen Geldtöpfen vielleicht heraus.
01:01:04: Speaker0: Das heißt, Pay-Performance wäre etwas.
01:01:08: Speaker2: Die Expertise sollte bezahlt werden.
01:01:11: Speaker0: Und die ärztliche Weiterbildung, wenn ich mich weiterbilde, ich bin ja verpflichtet
01:01:16: Speaker0: als Arzt, mich weiterzubilden, muss Punkte sammeln, bezahlt dafür aber jetzt
01:01:20: Speaker0: mal Geld, mach meine Praxis zu, zahl doppelt.
01:01:23: Speaker0: Es müsste die Weiterbildung besser bezahlt werden.
01:01:27: Speaker0: Es müsste auch im Krankenhaus der chirurgisch tätige Nachwuchs,
01:01:32: Speaker0: der ja auch irgendwo lernen und üben muss,
01:01:36: Speaker0: der müsste entsprechend ein Geld erwirken, dass jemand, der ein super erfahrener
01:01:42: Speaker0: Operateur ist, einen Anreiz hat, mit seiner Operation eine Viertelstunde länger zu brauchen,
01:01:47: Speaker0: weil er es unterwegs einem anwesenden Nachwuchskirurgen erklärt.
01:01:54: Speaker1: Bernhard, jetzt haben wir wirklich ausführlich schon über die Therapie,
01:02:00: Speaker1: über jetzt auch die Abrechnungssituation, auch über die Möglichkeiten, die sich ändern müssen,
01:02:06: Speaker1: nach meiner Meinung nach auch, in der ganzen medizinischen Versorgung,
01:02:11: Speaker1: da rede ich jetzt nicht nur von der Wirbelsäulenversorgung, sondern das ist
01:02:13: Speaker1: tatsächlich ja in allen Bereichen so.
01:02:17: Speaker1: Also, jetzt steckt hinter dir als Arzt ja auch noch der Mensch.
01:02:22: Speaker1: Du bist verheiratet, hast zwei Kinder, arbeitest sehr, sehr viel.
01:02:26: Speaker1: Also ich habe mal zuvor drauf geschaut, deine Sprechzeiten und wann du in der Klinik bist.
01:02:34: Speaker1: Da reden wir schon von keiner 40-Stunden-Woche mehr, sondern von deutlich mehr.
01:02:40: Speaker1: Du suchst dir ja auch deinen sportlichen Ausgleich durchs Kanufahren.
01:02:46: Speaker1: Was würdest du denn jungen Medizinerinnen und Medizinern mitgeben,
01:02:50: Speaker1: die sich zwischen Praxis, Klinik, Familie und Systemorientierung orientieren müssen,
01:03:00: Speaker1: was sie machen sollen oder was würdest du empfehlen für jeden,
01:03:05: Speaker1: der vorhat vielleicht Medizin zu studieren?
01:03:08: Speaker2: Man muss erstmal für diesen Beruf ein inneres Interesse haben.
01:03:15: Speaker0: Man darf sich nicht nur im weißen Kittel gefallen oder mit der OP-Maske drauf.
01:03:21: Speaker2: Man muss sich verabschieden
01:03:23: Speaker0: Von dieser Idee, die Ärzte stehen alle am Golfplatz und fahren Porsche,
01:03:28: Speaker0: also nichts jetzt gegen die Automarke. Ich fahre natürlich was Bayerisches.
01:03:34: Speaker0: Sondern man muss ein inneres Bestreben haben, dass man etwas Gutes für die Menschen tut.
01:03:42: Speaker2: Es ist klar, man ist nur einer und die anderen sind viele.
01:03:47: Speaker0: Also mit anderen Worten, man kann die Welt alleine nicht retten.
01:03:51: Speaker0: Das muss man auch wissen. Man darf nicht absaufen in diesem Beruf.
01:03:55: Speaker0: Man kann sich in die Notaufnahme stellen und auch nach Dienstschluss noch drin
01:04:00: Speaker0: bleiben, weil noch ein Rettungswagen kommt und noch ein Polytrauma kommt.
01:04:04: Speaker0: Und man will vielleicht chirurgisch vorwärts kommen, man will diese Behandlung
01:04:08: Speaker0: noch machen und das noch machen und man merkt plötzlich, man lebt selber nicht, man funktioniert nur,
01:04:16: Speaker0: aber es erfüllt einen auch. Also wenn man diese innere Erfüllung hat.
01:04:21: Speaker2: Wie gesagt, bei mir kam das über den Rettungsdienst,
01:04:24: Speaker0: Als kleiner Wasserwachtler erst mal angefangen und dann bis Notarzt,
01:04:31: Speaker0: Wenn man da sagt, Mensch, das gefällt mir, das ist quasi wie ein Hobby von mir,
01:04:35: Speaker0: dann erfüllt einen diese Arbeitsbelastung. Die Arbeitsbelastung kriegst du nicht weg.
01:04:40: Speaker2: Später dann, was soll man machen, wo soll es hingehen?
01:04:43: Speaker0: Ich denke, wichtig ist immer, aus der stärkeren Position heraus zu verhandeln.
01:04:50: Speaker0: Das heißt, je mehr man selber fachlich kann.
01:04:54: Speaker2: Dann hat man die besten Karten in der Hand. Das heißt, bildet euch weiter,
01:04:59: Speaker0: So gut es geht. Man wird ja in, egal wo man als Angestellter ist,
01:05:04: Speaker0: man ist eine Ressource und man muss wirtschaftlich sein.
01:05:08: Speaker2: Man muss auch fordern,
01:05:09: Speaker0: Man muss sagen, so und ich leiste, jetzt will ich auch und dann zeigt mir was,
01:05:14: Speaker0: dann schickt mich auf einen Kurs, welcher Kurs ist heutzutage wichtig,
01:05:17: Speaker0: dann geht man da hin, man zahlt vielleicht was selber, das wird als Engagement gewertet.
01:05:22: Speaker2: Weiterbilden, weiterbilden und dann, wenn man in dieser ganzen Weiterbildung ist,
01:05:26: Speaker0: Dann merkt man schon.
01:05:27: Speaker2: Ja, mir macht es Spaß,
01:05:29: Speaker0: Wie ein Detektiv herzugehen und einen Schmerz, der irgendwo am Menschen auf
01:05:34: Speaker0: den Rücken sich projiziert, herauszufieseln, ist es wirklich ein Rückenschmerz?
01:05:40: Speaker0: Weil ich meine, nur weil man sich auf dem Rücken zeigt, weil es da wehtut,
01:05:43: Speaker0: ist es noch lange nicht die Wirbelsäule, die was hat.
01:05:46: Speaker0: Das muss man alles dann fachlich draufhaben und können. Macht einem das Spaß?
01:05:52: Speaker0: Macht es einem Spaß, fertig diagnostizierte Fälle zu kriegen und brillant zu operieren.
01:05:57: Speaker2: An der Technik und am technischen Fortschritt teilzuhaben?
01:06:03: Speaker0: So etwas muss man dann einfach über die eigene Weiterbildung rauskriegen aber ich sage,
01:06:12: Speaker0: Die Weiterbildung ist wichtig und geht an die Weiterbilder ran und zeigt euer
01:06:16: Speaker0: Engagement auch über den Feierabend mal hinaus.
01:06:20: Speaker2: Und dann, wenn man mal so weit ist,
01:06:22: Speaker0: Muss man sagen, man ist hier ja nicht für einen kurzen Sprint angetreten,
01:06:28: Speaker0: sondern eher für einen Marathon.
01:06:29: Speaker0: Man muss diese Leistung aufrecht halten können.
01:06:34: Speaker0: Darum für sich selber auch klug irgendwelche Fenster einbauen und sagen.
01:06:40: Speaker2: Wie kann ich mich erholen? Wenn man jeden Tag, so wie ich, mit Leuten zu tun hat,
01:06:45: Speaker0: Die bei der Tür reinkommen und ein Problem haben.
01:06:48: Speaker2: Dann wird man irgendwann selber auch schlecht gelaunt,
01:06:53: Speaker0: Depressiv. Man wird etwas aggressiv den Leuten gegenüber, weil schon wieder
01:06:58: Speaker0: kommt einer und hat Schmerzen, schon wieder das Gleiche.
01:07:01: Speaker2: Aber irgendwann ist es nur schon wieder so einer und da darf
01:07:04: Speaker0: Man nicht hin.
01:07:05: Speaker2: Vor dieser Entwicklung muss man sich schützen, das heißt, man muss gucken.
01:07:10: Speaker0: Ich finde ein Heil in meiner Familie, in einer stabilen.
01:07:14: Speaker2: Partnerschaft und auch einmal andere Themen zu haben.
01:07:18: Speaker0: Ich bin so froh.
01:07:19: Speaker2: Dass wir zu Hause sehr wenig über Medizin sprechen, eher über verwaltungstechnische Sachen,
01:07:28: Speaker0: Wie macht man was, wie organisiert man was, dass man wirklich abschalten kann,
01:07:32: Speaker0: dass man rauskommt. Und je älter man wird, das merke ich jetzt auch,
01:07:36: Speaker0: also musste ich beim letzten Geburtstag zur Kenntnis nehmen,
01:07:40: Speaker0: wie alt man denn schon ist.
01:07:42: Speaker2: Man wird dann weniger leistungsfähig,
01:07:46: Speaker0: Die Erholungszeiten sind länger.
01:07:48: Speaker2: Nach einem ganzen Tag im Operationssaal stehen mit einer Röntgenschutzweste
01:07:54: Speaker0: Aus Blei noch an, auf einer Stelle, dann bist du am Abend halt platt und willst
01:07:59: Speaker0: nicht mehr ins Fitnessstudio gehen, obwohl das gut wäre.
01:08:04: Speaker1: Bernhard, jetzt kommen wir zu den letzten zwei Punkten im Endeffekt.
01:08:11: Speaker1: Wir sind zwar noch weit entfernt aktuell von Weihnachten, aber wenn du dir die
01:08:17: Speaker1: Wirbelsäulenmedizin in zehn Jahren vorstellst, was wünschst du dir?
01:08:24: Speaker0: Ich wünsche mir, dass es eine bessere Zusammenarbeit gibt,
01:08:30: Speaker0: dass Netzwerke und so integrierte Versorgungsmodelle besser gefördert werden,
01:08:35: Speaker0: dass Ärzte mit diesen Problematiken nicht in einem Silo- und Scheuklappendenken
01:08:42: Speaker0: umgehen müssen, sondern dass man.
01:08:44: Speaker2: Frei jemand anderen einbinden kann in die Behandlung,
01:08:48: Speaker0: Dass die Behandlung auch wissenschaftlicher wird. Und die Behandlung ist oft
01:08:55: Speaker0: so, dass der Neurologe kennt seine neurologischen Studien.
01:08:58: Speaker2: Der Orthopäde, die orthopädischen Studien.
01:09:01: Speaker0: Viele Sachen haben sich lange überholt und werden aber immer noch durchgeführt.
01:09:05: Speaker0: Wann spritzt man irgendwas in den Muskel hinein zum Beispiel?
01:09:09: Speaker0: Wann sollte man das eigentlich nicht machen? Dass die Sache wissenschaftlicher
01:09:15: Speaker0: wird, dass es dazu eben eine Facharzt- oder Zusatzbezeichnung gibt und dass die Grenzen,
01:09:22: Speaker0: die wir uns leisten zwischen einer Krankenhausmedizin und einer niedergelassenen
01:09:27: Speaker0: Medizin endlich aufgehoben werden und Ärzte frei hin und her diffundieren können,
01:09:33: Speaker0: sage ich mal, zwischen Krankenhaus und Niederlassung.
01:09:36: Speaker2: Weil der Arzt, der den Patienten auch vor der Operation gesehen hat,
01:09:40: Speaker0: Vielleicht schon jahrelang begleitet und den.
01:09:43: Speaker2: Patienten dann auch selber operiert und den
01:09:46: Speaker0: Patienten auch nachher wieder versorgen soll, der Arzt ist für mich der Bessere
01:09:51: Speaker0: als der, der einfach zehn Patienten zur Operation aufgelegt kriegt an dem Tag
01:09:56: Speaker0: und nicht weiß, wie heißt denn der? Ist das links oder rechts,
01:09:59: Speaker0: was ich machen soll und warum? Warum?
01:10:01: Speaker1: Ich kann dir zwar nichts versprechen, weil ich auch nicht in die Zukunft sehen kann,
01:10:05: Speaker1: aber ich glaube, wir sind auf dem Weg, dass wir in der gesundheitspolitischen
01:10:13: Speaker1: Lage uns so entwickeln, dass es in die Richtung gehen kann.
01:10:18: Speaker1: Dass es fairer wird für alle Beteiligten und vor allem für eine bessere Medizin, für den Patienten.
01:10:25: Speaker1: Bernhard, wir haben uns immer mal überlegt, als wir diesen Podcast ins Leben gerufen haben,
01:10:32: Speaker1: wir wollen gerne die Abschlussfrage so gestalten, dass man mit einem Lächeln
01:10:39: Speaker1: aus diesem Podcast rausgeht,
01:10:41: Speaker1: aber auch noch was persönlich erfahren.
01:10:45: Speaker0: Zwischen Visite und Vision. Das Fachliche darf gehen, das Persönliche darf bleiben.
01:10:51: Speaker0: Was war Ihr schönster Moment im Klinik- oder Praxisalltag?
01:10:57: Speaker0: In der Medizin, wenn es um kranke Leute geht, ist es natürlich immer schwer,
01:11:01: Speaker0: da dann etwas zum Lachen zu finden. Darum nehme ich am besten mich selber.
01:11:06: Speaker0: Ich als Wirbelsäulenspezialist bin vor Fehlern nicht gefeit.
01:11:14: Speaker0: Und nach jahrelanger einseitiger Haltung, kopfgesenkt, kopfschräg gedreht,
01:11:20: Speaker0: im OP-Saal immer auf einer Stelle stehen, noch eine Röntgenschürze rum und so weiter.
01:11:24: Speaker2: Hat sich bei mir
01:11:25: Speaker0: Plötzlich ein Schmerz im Genick eingestellt. Ich habe gesagt,
01:11:30: Speaker0: okay, Schmerz ist nur ein Gefühl, man soll nicht so gefühlsduselig sein, ich mache weiter.
01:11:35: Speaker0: Der Schmerz hat sich dann von, was tut einem denn weh? Man sagt,
01:11:39: Speaker0: ja, es tut einem die Muskulatur weh, dann machst du Sport.
01:11:43: Speaker2: Dann tut man da Arm weh,
01:11:45: Speaker0: Dann merkt man, okay, das ist jetzt plötzlich etwas sehr Spezifisches.
01:11:49: Speaker2: Was man da hat.
01:11:50: Speaker0: Man hat einen Nervenschmerz, den Arm runter geht.
01:11:54: Speaker2: Ich habe all meine Behandlungen für mich angewendet und konnte locker ein Jahr arbeiten.
01:11:59: Speaker0: Schmerzen gingen weg im Arm, sogar so ein bisschen Kribbelgefühl,
01:12:03: Speaker0: Taubheitsgefühl gingen weg im Arm.
01:12:06: Speaker0: Ich habe fleißig meine Übungen gemacht, meine Haltung korrigiert,
01:12:11: Speaker0: auf Ergonomie am Arbeitsplatz geachtet,
01:12:15: Speaker0: trotzdem halt unverändert weitergearbeitet, bis ich wirklich in Probleme gekommen
01:12:20: Speaker0: bin, weil es ist immer wieder im rechten Arm, in der rechten Hand taub geworden
01:12:24: Speaker0: und plötzlich war die Kraft weg.
01:12:26: Speaker0: Ich konnte nicht operieren, ich konnte keine Spritzenbehandlungen durchführen,
01:12:32: Speaker0: musste Patienten heimschicken, absagen.
01:12:35: Speaker0: Ich musste zuletzt mit meiner Familie einen ganzen Urlaub absagen,
01:12:39: Speaker0: Hotels stornieren, weil ich mit einer Lähmung im Arm für mich selber die gleichen
01:12:44: Speaker0: Maßstäbe anlege wie für meine Patienten. Das gehört jetzt operiert.
01:12:49: Speaker0: Ich bin, weil ich in diesem Netzwerk organisiert bin,
01:12:54: Speaker0: dann zu dem für meine Begriffe besten Chirurgen gekommen, der mich dann auch
01:13:01: Speaker0: im Krankenhaus Tuzing dann zack in den Osterferien operiert hat.
01:13:07: Speaker0: Ich habe selbst einer, der diese OP sehr kennt, eine solche Angst vor der Operation
01:13:15: Speaker0: entwickelt, die ich sonst nur von meinen Patienten kenne, die keine OP-Erfahrung haben.
01:13:21: Speaker0: Und die Krankenschwestern haben mir die Angst genommen.
01:13:24: Speaker0: Die Anästhesiepflege hat mir die Angst genommen. wie die sich um.
01:13:27: Speaker2: Mich gekümmert haben, wenn man da plötzlich vom, wie soll man sagen,
01:13:32: Speaker0: Wie ein Jäger, der sonst immer auf der Rückseite vorm Gewehr ist,
01:13:35: Speaker0: jetzt plötzlich vor der Flinte steht,
01:13:37: Speaker0: wenn man das merkt, wie es einem da so geht, hilflos und der Narkosearzt,
01:13:44: Speaker0: wenn der sagt so und du hast keine Schmerzen und das funktioniert jetzt hier,
01:13:50: Speaker0: Der hat den Satz noch nicht fertig gesprochen, da war ich schon weg und wie
01:13:53: Speaker0: ich wieder aufgewacht bin, ist das Erste, was ich mache, meine Finger bewegen,
01:13:57: Speaker0: die bewegen sich, mein Handgelenk bewegen, es bewegt sich, mein Ellbogen bewegt
01:14:01: Speaker0: sich, es war nach der OP alles top.
01:14:05: Speaker0: Ich wurde an einem Mittwoch operiert. Ich bin an einem Samstag frisch geduscht
01:14:10: Speaker0: und rasiert nach Hause zu meiner Familie.
01:14:13: Speaker2: Und also zumindest meine Kinder finden,
01:14:15: Speaker0: Dass die Operation vom Papa das Beste war.
01:14:18: Speaker2: Was ihnen passieren konnte.
01:14:19: Speaker0: Jetzt bin ich mittags daheim, kümmere mich mit denen um die Hausaufgaben,
01:14:24: Speaker0: kümmere mich ein bisschen um den Garten.
01:14:26: Speaker2: Meine Frau sieht mich auch.
01:14:27: Speaker0: Also vielleicht länger, als es ihr lieb ist.
01:14:30: Speaker2: Und von daher muss ich sagen,
01:14:32: Speaker0: Diese Operation hat nicht nur für mich medizinisch einen großen Erfolg gebracht
01:14:38: Speaker0: und ich bin so dankbar, es hat
01:14:40: Speaker0: mir auch privat, seelisch, psychisch einen wahnsinnigen Druck genommen,
01:14:45: Speaker0: immer dieses Herumgetanze um die eigenen Beschwerden, dass man die wegkriegt
01:14:50: Speaker0: und wenn man weiß, das wird so einfach nichts, mechanisches Problem muss man
01:14:53: Speaker0: mechanisch lösen und dann macht das einer mit diesem Fingerspitzengefühl,
01:15:00: Speaker0: ich brauche keinerlei Medikamente.
01:15:03: Speaker2: Mir geht das so gut und
01:15:05: Speaker0: Darum bin ich auch.
01:15:06: Speaker2: So glücklich,
01:15:07: Speaker0: Dass ich jetzt dieses Grinsen und Lachen über einen Krankheitsfall im Gesicht
01:15:11: Speaker0: habe, das du vorher hören wolltest.
01:15:15: Speaker1: Bernhard, vielen Dank an die Zuhörer.
01:15:19: Speaker1: Ich freue mich wirklich sehr, dass Bernhard sich entschieden hat,
01:15:27: Speaker1: noch nicht mal zwei Wochen nach der OP, zu dem Podcast.
01:15:32: Speaker1: Er sieht tatsächlich aus, als wie wenn nichts wäre.
01:15:35: Speaker1: Und das nach der OP wirklich klasse. Abschließend,
01:15:39: Speaker1: Bernhard, vielen lieben Dank für deine offene, fachliche und starke,
01:15:45: Speaker1: sowie menschliche Art, die du heute wieder gezeigt hast, für das wirklich tolle und offene Gespräch.
01:15:53: Speaker1: Danke, dass du Teil von Zwischenvisite und Vision warst, Medizin im Gespräch.
01:15:59: Speaker1: Für alle Zuhörer, sollte Ihnen der Podcast gefallen haben,
01:16:03: Speaker1: abonniert unseren Kanal auf den gängigen Podcast-Plattformen und die nächste
01:16:11: Speaker1: Folge wird kommen, Zwischenvisite und Vision.
01:16:14: Speaker1: Vielen Dank, euer Mr. F.
01:16:18: Music: Music
01:16:23: Speaker0: Das war Zwischen Visite und Vision – Medizin im Gespräch.
01:16:28: Speaker0: Wenn dir diese Folge gefallen hat, freuen wir uns, wenn du unseren Podcast abonnierst,
01:16:33: Speaker0: weiterempfiehlst und natürlich wieder reinhörst.
01:16:37: Speaker0: Hier sprechen wir mit Menschen, die Medizin leben. Über Herausforderungen,
01:16:42: Speaker0: Chancen und das, was wirklich zählt.
01:16:45: Speaker0: Vertrauen, Wissen und der Blick nach vorn.
01:16:48: Speaker0: Du findest uns auf allen gängigen Podcast-Plattformen sowie auf Instagram unter
01:16:54: Speaker0: add-zwischen-visite-und-vision, wo wir dir spannende Einblicke und Updates zu
01:17:00: Speaker0: den kommenden Folgen bieten.
01:17:03: Speaker0: Noch näher dran bist du über unseren WhatsApp-Kanal oder du schreibst uns einfach
01:17:07: Speaker0: direkt an kontakt-add-zwischen-visite-und-vision.com mit deinen Fragen,
01:17:13: Speaker0: Themenwünschen oder Anregungen.
01:17:16: Speaker0: Bleib gesund, neugierig und offen für neue Perspektiven.
01:17:22: Speaker0: Dein Podcast-Team zwischen Visite und Vision Medizin im Gespräch.
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